Machtkampf ist in vollem Gange

China vor Führungswechsel

In Peking trafen am Samstag die Spitzen der Kommunistischen Partei zur wichtigsten Tagung des Jahres zusammen. Es geht bei diesem Gipfel der Parteimächtigen in Peking auch um fundamentale personelle Weichenstellungen. Chinas derzeitige Führer treten im kommenden Jahr ab, um den Kronprinzen wird noch gestritten.

Mittagsjournal, 15. 10. 2011

Anmutung eines Geheimtreffens

Fast möchte man meinen, in Peking trifft sich ein Geheimbund. Denn rund um das wichtigste Jahrestreffen der KP-Granden wurde im Vorfeld Stillschweigen verordnet. In einem Hotelkomplex im Westen Pekings, der dem Militär gehört, kommen die gut 200 Vollmitglieder des Zentralkomitees zusammen. Dazu mehr als 150 Kandidaten, die sich Hoffnung machen, aufzusteigen. Journalisten sind unerwünscht. Selbst viele Straßen vom Hotel entfernt, herrscht immer noch Filmverbot. Auch das ORF-Team wird von der Polizei angehalten, zu verschwinden.

Gerangel um höchste Ämter

Chinas Mächtige sind unter sich. Die Öffentlichkeit bleibt ausgesperrt, wenn es nicht nur um wichtige politische Fragen geht, sondern vor allem auch um personelle. Parteiführer aus dem ganzen Land nutzen die Tagung, um sich und ihre Protegés für höchste Ämter in Stellung zu bringen. Der Kampf um Führungspositionen ist voll entbrannt. Die Öffentlichkeit bekommt davon wenig mit. Die meisten, mit denen wir heute auf den Straßen Pekings reden, wissen nicht einmal, dass sich die Mächtigsten der KP in der Stadt versammelt haben. Ein Mann weiß aber Bescheid und hat gleich auch Forderungen an die Mächtigen parat: "Was uns einfachen Leuten Sorgen bereitet, sind die hohe Inflation und die hohen Lebensmittelpreise. Die müssen sinken und die Gehälter steigen. Das sind derzeit unsere wirklichen Probleme."

Xi Jinping soll Präsident werden

Im kommenden Jahr werden die Karten neu gemischt. Die gesamte Führung tritt planmäßig zurück und übergibt die Macht an die nächste Generation. So wird in den kommenden Tagen in dem abgeriegelten Militärhotel nicht nur Präsident Hu Jintao im Rampenlicht stehen, sondern auch Xi Jinping. Er soll im nächsten Jahr den Parteivorsitz und dann auch das Präsidentenamt übernehmen. Und wird, wenn alles nach Plan läuft, ein Jahrzehnt lang der mächtigste Mann Chinas sein, das Gesicht der neuen Weltmacht.

Traditionell lassen sich Chinas designierte Kronprinzen nicht in die Karten schauen. Und so ist außer seiner beeindruckenden Parteikarriere wenig über den 58jährigen Xi bekannt. Etwa was er außenpolitisch will, oder auf welcher Seite er steht, bei den Grabenkämpfen zwischen jenen, denen die wirtschaftliche Entwicklung nicht schnell genug gehen kann und anderen, die soziale Reformen einmahnen.

Schweres Erbe

Fest steht eines: Die künftigen Führer treten ein schweres Erbe an. Chinas Exportwirtschaft bekommt die Wirtschaftskrise in Europa und den USA immer stärker zu spüren. Der Unmut über Korruption, über steigende Lebensmittel- und Wohnungspreise ist nicht mehr zu überhören. Eine Million Chinesen drängen jedes Jahr auf dem Arbeitsmarkt. Einkommen im kommunistischen China ist viel ungerechter verteilt als beim kapitalistischen Gegenspieler den USA. Eben erst hat Chinas KP ihren 90er gefeiert. Ob es weitere runde Geburtstage zu feiern gibt? Chinas künftige Führer haben es mir ihrer Politik in der Hand.