Bildungsvolksbegehren: gemischte Reaktionen
Filzmaier kritisiert fehlende Zuspitzung
Ein schlechtes Timing und die fehlende inhaltliche Konkretisierung sind für den Politologen Peter Filzmaier die Ursachen für das nur "durchschnittliche Ergebnis" des Bildungsvolksbegehrens. Für prominente Unterstützer ist das Volksbegehren erst der "Anfang einer langen Debatte".
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 11.11.2011
Christine Reiss im Gespräch mit Peter Filzmaier
Sechs Prozent Zustimmung
Das am Donnerstag zu Ende gegangene Bildungsvolksbegehren wurde von 383.820 Österreichern unterschrieben. Mit 6,07 Prozent der 6,327.673 Stimmberechtigten liegt es auf Rang 17 der bisher 35 Volksbegehren. Doch auch, wenn es mehr Zustimmung gegeben hätte, sei es wenig wahrscheinlich, dass das Volksbegehren politische Konsequenzen hat, so Politologe Peter Filzmaier im Gespräch mit Ö1.
"Wenige Volksbegehren werden Gesetz"
"Man muss realistisch sagen, dass die wenigsten Volksbegehren im Parlament auch in ein Gesetz gemündet haben", so Filzmaier. Bisher sei das nur zwei Mal der Fall gewesen, und zwar in der Sechziger Jahren bei dem Volksbegehren über das Rundfunkgesetz und bei jenem über die schrittweise Einführung der 40-Stunden-Woche.
Möglicher Fehler: "Kein aktueller Aufreger"
Dass sich die Zahl der Unterschriften trotz breit angelegter Werbekampagne und medialer Unterstützung in Grenzen gehalten hat, liegt laut Filzmaier an zwei Gründen: "Das eine ist die Konkretisierung. Gerade, weil man inhaltlich so ehrgeizig war, hat ein emotionaler und aktueller Aufreger gefehlt."
Zum Zweiten hätte man vor Einleitung des Volksbegehrens möglicherweise zu viel öffentliche Aufmerksamkeit gehabt, und den "Spannungsbogen" so während der Unterzeichnungswoche nicht aufrecht halten können, glaubt Filzmaier.
"Politik wird Forderungen teilweise erfüllen"
Die politischen Reaktionen sind laut Filzmaier daher auch schon "vorprogrammiert". Es werde eine teilweise Erfüllung der Forderungen geben, so der Politologe, denn: "Die Regierung hat ja schon angekündigt, im Bereich der Schulformen etwas zu tun und auch eine einheitliche Ausbildung der Lehrer - bis hinunter zu den Kindergartenpädagogen wird angestrebt."
Eine Totalerfüllung der Forderungen sei aber kaum möglich, so Filzmaier. "Dafür waren sie einfach zu breit." Die völlige Ignoranz des Bildungsthemas könne sich jedenfalls keine Partei leisten.
Morgenjournal, 11.11.2011
Florian Katzinger
Initiatoren: Leise Kritik
Unter den Unterstützern des Volksbegehrens ist die Reaktion auf das Ergebnis gemischt. Der scheidende TU-Graz-Chef und Uniko-Vorsitzende Hans Sünkel gibt sich diplomatisch: "Herr und Frau Österreicher haben vermutlich zu wenig Dynamik entwickelt, um das vorhandene Bewusstsein für ein besseres Bildungssystem in Form von Unterschriften abzubilden."
Schilcher: "Politik muss handeln"
Der Wiener AHS-Lehrer Daniel Landau glaubt, dass das Volksbegehren erst das "Ergebnis einer langen Debatte" sein wird. Und der Bildungsexperte Bernd Schilcher sieht die Regierung jetzt unter Zugzwang: "Wenn die Politik das Thema Bildung weiterhin schubladisiert, dann wird sie bei den nächsten Wahlen von den frustrierten Wählern abgestraft werden."