Scheinhaushalt statt Reformen

Ramsch-Status: Budgettricks fruchten nicht

Ungarische Staatsanleihen sind Ramsch - das ist das neueste Urteil der Ratingagentur Moody's, obwohl das Land heuer einen Überschuss erwirtschaftet. Doch Moody's ist nicht davon zu überzeugen, dass Ungarn seine Finanzen wirklich in den Griff bekommt. Auch österreichische Experten sind skeptisch.

Mittagsjournal, 25.11.2011

Schein-Budget

Ungarn ächzt unter einer hohen Staatsverschuldung, die vom zweiten aufs dritte Quartal von 75 auf 82 Prozent gesprungen ist. Die Landeswährung Forint hat eine rapide Entwertung erlebt. Doch auf den ersten Blick sind die aktuellen Wirtschaftsdaten gar nicht so schlecht. Im heurigen Jahr wird Ungarn mehr einnehmen als ausgeben und im kommenden Jahr wird die Neuverschuldung unter der Maastrichter Drei-Prozent-Grenze bleiben. Doch beim näheren Hinsehen wird klar: Das sind nur Schein-Ergebnisse, sagt Sandor Richter vom Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche. Der Überschuss im Staatshaushalt des Jahres 2011 kommt daher, dass die Regierung die Vermögen der privaten Pensionskassen "nationalisiert" hat.

Geschwächte Konjunkturmotoren

Ungarn verfolgt also keine langfristig geplante Wirtschaftspolitik, sondern versucht den Haushalt mit einmaligen Maßnahmen ins Lot zu bekommen. Darunter leiden vor allem ausländische Investoren und Banken, etwa durch die Bankenabgabe. Sandor Richter bezeichnet es als problematisch, "dass die Motoren der ungarischen Wirtschaft geschwächt werden". Die Banken gewährten den Banken immer weniger neue Kredite, das bedeute immer weniger Investitionen und immer weniger Möglichkeiten für die Unternehmen, die laufende Produktion zu sichern. Da habe sich die Regierung unter Viktor Orban ein Eigentor geschossen.

Willkür beschädigt Glaubwürdigkeit

Ungarn leidet laut Richter unter zwei Problemen: Einer undurchdachten, um nicht zu sagen, willkürlichen Wirtschaftspolitik und einem Glaubwürdigkeitsproblem: Nach der Amtsübernahme hat Fidesz begonnen, wichtige Posten mit Parteimitgliedern zu besetzen. Wie unabhängig diese agieren, ist fraglich. Dazu kommt, dass die Fidesz-Partei den Internationalen Währungsfonds (IWF) bis vor Kurzem noch scharf kritisiert hat. Jetzt bittet die Regierung erneut um finanzielle Hilfe. Schon im Zuge der Finanzkrise 2008 mussten Währungsfonds und Europäische Union den Ungarn mit 20 Milliarden Euro unter die Arme greifen.

Die Frage ist jetzt für Richter, wie weit die ungarische Regierung bereit ist, möglicherweise auch harte Bedingungen des IWF zu akzeptieren. Schon jetzt pochen die Ungarn darauf, ihre Wirtschaftspolitik weiter selbst bestimmen zu wollen. Sandor Richter bezweifelt, dass der Währungsfonds das durchgehen lassen wird.

Grundlegende Reformen

In jedem Fall braucht es jetzt tiefgreifende Reformen, sagt der Experte: im Gesundheitswesen, im Schulsystem und bei der Gemeindefinanzierung. Diese Maßnahmen müssten diese Sektoren wesentlich effizienter machen, damit sie langfristig finanzierbar werden. Frühere Regierungen wollten diese Reformen schon in Angriff nehmen. Die Fidesz-Partei hat diese Vorhaben aber erfolgreich torpediert.

Neben Grundsatzreformen brauche es auch "Sparen mit Gehirn", so Richter. Die Sparmaßnahmen müssten mittelfristiges Wachstum und Investitionen unterstützen und nicht blockieren. Und ausländische Investoren dürfen nicht weiter belastet werden, betont Richter. Durch die jüngsten Gesetze sind die Nerven bei den ausländischen Investoren zum Zerreißen gespannt.

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