Streitthema Schuldenbremse
Spindelegger pocht auf Verfassungsrang
ÖVP-Chef Michael Spindelegger bekräftigt seine Forderung, die Schuldenbremse in die Verfassung zu schreiben. Die Frage von Sanktionen bei Nichteinhaltung betrachtet er als nicht entscheidend. Sparen will der ÖVP-Chef vor allem bei den Pensionen und den ÖBB. Und die Beamtengehaltsforderungen bezeichnet er als zu hoch.
8. April 2017, 21:58
Im Journal zu Gast, 26.11.2011
ÖVP-Obmann Michael Spindelegger im Gespräch mit Andreas Jölli
"Ziemlich rasche Aktion"
Im Ö1-Interview "Im Journal zu Gast" drängt Vizekanzler Spindelegger auf eine Zwei-Drittel-Regelung für die Schuldenbremse, um damit die Verbindlichkeit zur Einhaltung zu erhöhen: "Das möchte ich auf jeden Fall, dafür muss man jetzt arbeiten und die Opposition auch in die Verantwortung einbeziehen." Allerdings: Zwingen könne er sie nicht, so Spindelegger, der auch in den eigenen Reihen mit skeptischen Stimmen konfrontiert ist. Aber er gibt sich überzeugt, dass in der ÖVP alle dafür sind, wenn auch "Überzeugungsarbeit" angebracht sei. Dass die im Ministerrat verabschiedete Festlegung auf eine Schuldenbremse im Verfassungsrang zu voreilig war, glaubt Spindelegger nicht. Eine Regierung müsse auch ambitionierte Ziele verfolgen. Allerdings gibt der Vizekanzler zu: "Das war eine ziemlich rasche Aktion der Bundesregierung, bei der gar keine Zeit blieb, jemanden von den Oppositionsparteien detailliert einzubeziehen." Dass die Koalition damit "erpressbar" sein könnte, weist Spindelegger zurück.
Politikergehälter kürzen?
Was Sanktionen bei Verstößen gegen die Schuldenbremse betrifft, bezeichnet sich Spindelegger als "gesprächsbereit". Diese Frage sei aber nicht entscheidend. Zu Vorschlägen, bei Nichteinhalten die Politikergehälter zu kürzen, meint der Minister: "Es gibt auch andere Vorschläge und ich bin manchmal froh, dass die Todesstrafe in Österreich schon abgeschafft ist, sonst würde man sagen, auch die muss man für Politiker wieder einführen. Das bringt uns de facto nicht weiter." Politiker müssten sich an die Verfassung halten, sonst seien sie fehl am Platz, sehnt sich Spindelegger nach "Ehrlichkeit" und "Grundethos" der Politiker in Österreich.
Bonus-Malus bei Pensionen
Um die Sparziele zu erreichen, verweist Spindelegger auf sechs Bereiche, die in der vergangenen ÖVP-Regierungsklausur festgelegt worden seien. Als einen wesentlichen Punkt nennt er ein Bonus-Malus-System für den Pensionsantritt: Wer vor dem gesetzlichen Alter in Pension geht, soll "versicherungsmathematisch" berechnete Abschläge hinnehmen müssen. Wer länger arbeitet, soll im selben Ausmaß einen Bonus bekommen. Arbeitskräfte würden in den nächsten Jahren ohnehin gesucht, so Spindelegger.
Dieses System müsse auch bei den ÖBB, den Bundesländern Wien oder Kärnten oder der "Hacklerpension" gelten. Das sollte möglichst rasch kommen, so Spindelegger: "Gemäß Verfassungsjudikatur ist ein Vertrauensschutz einzuhalten, aber im nächsten Jahr kann man schon beginnen - und dann so einzuschleifen, dass es für alle gilt." Damit will er erreichen, dass das durchschnittliche Pensionsantrittsalter (derzeit 58) bis 2020 um vier Jahre steigt. Damit könnte man "fast sechs Milliarden Euro sparen", rechnet Spindelegger.
ÖBB und Beamte
Weiters will der ÖVP-Chef bei den Bundesförderungen für die ÖBB sparen, indem Projekte gestrichen werden. Welche, will er vor Gesprächen mit dem Koalitionspartner nicht sagen.
Die mittlerweile auf 3,9 Prozent reduzierte Gehaltforderung der Beamten ist für Spindelegger "nicht angemessen". Als Angebot der Regierung lägen jetzt 2,5 Prozent vor, der Spielraum nach oben sei da sehr gering.
Arabische Revolution
Beim Thema Außenpolitik befürwortet Außenminister Spindelegger verschärfte Sanktionen gegen das Regime in Syrien. Eine Militärintervention wäre aber kaum vorstellbar. In Ägypten hofft Spindelegger auf einen geordenten Übergang zu einem demokratischen System.