Verankerung in Verfassung könnte scheitern

Schuldenbremse: Zähe Verhandlungen

Zur Verankerung der Schuldenbremse in der Verfassung braucht die Regierung mindestens eine Oppositionspartei. Es scheint aber bei den Gesprächen mit dem BZÖ und den Grünen einiges schief zu laufen und deshalb beginnt die Regierung darüber nachzudenken, das Gesetz auch ohne Verfassungsrang zu beschließen.

Mittagsjournal, 25.11.2011

SPÖ gegen BZÖ-Forderung

Erst gestern hat es wieder Verhandlungen über die Schuldenbremse gegeben. Der Befund von BZÖ-Chef Josef Bucher klingt durchwachsen. Der größte mögliche Knackpunkt ist aus seiner Sicht die Forderung des Bündnisses, mit der Schuldenbremse auch ein Limit für die Steuerquote in die Verfassung zu schreiben, denn vor allem die SPÖ will von dieser Idee nichts wissen. Bucher: "Ich glaube, dass wir bei der Steuer- und Abgabenobergrenze einen sehr schwierigen Weg vor uns haben."

BZÖ rückt von Bedingung nicht ab

Die Festschreibung der Steuer- und Abgabenquote ist aber eine unverrückbare Bedingung für die Zustimmung des BZÖ zur Schuldenbremse in der Verfassung, sagt Bucher: "Ich habe gestern dem Bundeskanzler ganz klar gesagt, dass das für uns eine Grundbedingung ist, weil das ja auch die Garantie dafür ist, dass es zu keinen Steuererhöhungen kommt. Ohne diese Grundbedingung werden wir keine Zustimmung geben." Kommende Woche soll weiterverhandelt werden.

Grüne fordern Vermögenssteuer

Noch schlechter ist die Stimmung beim Grünen Budgetsprecher Werner Kogler: "Die Schuldenbremse in der Verfassung ist überhaupt unsinnig, in dieser Art und Weise, ökonomisch wie juristisch – aber das sagen eh genug Experten. Wenn wir aber die Gelegenheit haben, endlich etwas weiterzubringen in Sachen Steuergerechtigkeit einerseits und sinnvollen Reformbemühungen andererseits, werden wir auf die Regierung selbst zugehen." Dazu müsss aber die ÖVP einlenken und ihre Steuergerechtigkeitsblockade aufgeben, so Kogler.

Grüne: "Die sind alle völlig daneben"

Die ÖVP müsse sich also laut Grünen in Sachen Vermögenssteuern bewegen, wonach es aber im Augenblick nicht aussieht. Kogler: "Das heißt im Übrigen auch, dass man nicht gleichzeitig mit dem BZÖ verhandeln kann, weil das BZÖ völlig absurde Dinge will: Weniger Schulden bei gleichzeitig weniger Steuern – und die Frau Finanzministerin findet das noch gut. Die sind doch völlig daneben alle miteinander." Laut Kogler könne man daher die Regierung nicht mehr ernst nehmen und das sei das größte Problem für die Bonität Österreichs.

ÖVP will sich nicht erpressen lassen

Die ÖVP möchte sich von derartiger Kritik nicht aus der Ruhe bringen lassen. Budgetsprecher Günther Stummvoll: "Erpressen können wir uns natürlich nicht lassen, das ist gar keine Frage. Daher, auch wenn die Verfassungsbestimmung absoluten Vorrang hat, bevor wir erpresst werden, machen wir ein einfaches Gesetz. Das ist natürlich lange nicht so wirkungsvoll wie eine Verfassungsbremse, aber letztlich ist der politische Einsparungswille das Entscheidende." Die Schuldenbremse würde dann nur als einfaches Gesetz verabschiedet und könnte in Folge auch mit einfacher Mehrheit wieder aufgehoben werden. Stummvoll setzt daher weiter auf Verhandlungen.

Für SPÖ auch "einfaches" Gesetz möglich

Auch SPÖ-Chef Bundeskanzler Werner Faymann denkt immer lauter darüber nach, die Schuldenbremse zur Not ohne die Opposition zu beschließen: "Sie kommt auf jeden Fall, weil es auch eine einfache Mehrheit ermöglicht, die Schuldenbremse einzuführen. Natürlich ist die Verankerung in der Verfassung aber das Ziel und daher verhandeln wir mit den Parteien."

Kanzler hofft noch auf Verfassungsgesetz

Jenen, die meinen, dass die Schuldenbremse unnötig sei, da die Regierung auch ohne dieses Instrument sparen könne, sagt der Kanzler: "Schauen wir uns die Vergangenheit an: Nahezu niemand hat sich daran gehalten. Also ist der Schritt zu sagen, wir legen es als Regel fest - am besten in der Verfassung, plus zusätzlicher Kontrollinstrumente - ein richtiger."

Mittagsjournal, 25.11.2011

Ö1-Wirtschaftschef Michael Csoklich analysiert im Gespräch mit Hubert Arnim-Ellissen die Schuldenbremse