WIFO-Chef: Nur mit Reformen wirksam
Schuldenbremse als "Selbstverpflichtung"
Eine Schuldenbremse wäre nach Ansicht des Leiters des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Karl Aiginger, als "Selbstverpflichtung der Politik" grundsätzlich sinnvoll. Zugleich müsse aber eine Reformpolitik gemacht werden. Den Euro betrachtet der WIFO-Chef trotz allem als Erfolgsmodell, das sich lediglich in einer Midlife-Krise befinde.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 25.11.2011
Der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts, Karl Aiginger, im Gespräch mit Wolfgang Wittmann
Sparen und Reformieren
Eine Schuldenbremse wäre ein Signal, dass Österreich die Konsolidierung ernst nehme, sagt der Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO), Karl Aiginger im Ö1 Morgenjournal. "Aber im Prinzip bin ich auch der Meinung, dass die Schuldenbremse vorwiegend in den Köpfen sein muss. Denn wenn sie nicht in den Köpfen ist, dann wird sie auch umgangen." Es wäre besser, wenn die Schuldenrückführung aus Eigeninteresse der Politik stattfinden würde. Aber die Schuldenbremse garantiere, "dass die Staatsschuld über mehrere Jahre als Ziel der Wirtschaftspolitik festgehalten wird."
"Das ist eine Selbstverpflichtung der Politik, die einsieht, dass sie es sonst nicht schafft." Eine Schuldenbremse werde aber nur funktionieren, wenn sie von einer Reformpolitik begleitet ist: "Stark sparen in bestimmten Bereichen und gleichzeitig mehr ausgeben für Wachstum und Beschäftigung."
"Euro ist Erfolgsmodell"
Zum Thema Euro-Bonds meint Aiginger, auch auf europäischer Seite sei eine wachstumsorientierte Konsolidierung notwendig, andererseits dürften die dazu bereiten Länder nicht täglich "von den Finanzmärkten gejagt" werden. Europa habe weniger Staatsschulden als die USA oder Japan, zahle aber wesentliche höhere Zinsen.
Sowohl ein ausreichend dimensionierter Rettungsschirm als auch ein Europäischer Währungsfonds wären "gute Lösungen" im Kampf gegen die Schuldenkrise. Wichtig sei nur, "dass das schnell geschieht, denn der Druck ist jetzt sehr groß auf Europa."
Dennoch glaubt Aiginger an die Gemeinschaftswährung: "Der Euro ist ein Erfolgsmodell, er ist jetzt in einer Midlife-Crisis. Jetzt geht es darum, die Institutionen zu schaffen, die dazu führen, dass es eine gute Währung wird. An sich ist der Euro jetzt stärker als er bei seiner Gründung war."
Ausgaben für Reformen
Was die Wirtschaftsentwicklung betrifft, rechnet das WIFO zwar mit einer deutlichen Abschwächung. "Eine Rezession kann aber verhindert werden, wenn es eine Reformpolitik gibt und die Europäische Zentralbank eine vernünftige Zinspolitik macht."
Klassische Konjunkturprogramme hält Aiginger derzeit nicht für finanzierbar, hingegen wären Anfangskosten für Reformen sinnvoll, um später Kosten einzusparen. Als Beispiele nennt er den Umbau von Schulen, damit Lehrer ganztags in der Schule bleiben können, oder den Bau von Gesundheitszentren in Spitälern, um Betten zu reduzieren, Investitionen in Universitäten, um Telelearning machen zu können. Jetzt wäre jedenfalls genügend Druck da, um Reformen zu beschleunigen, so Aiginger.