"Nicht glaubwürdig"

Ex-SPÖ-Minister gegen Schuldenbremse

Die von SPÖ und ÖVP geplante Schuldenbremse in der Verfassung stößt in beiden Parteien auch auf Ablehnung, vor allem bei Gewerkschaftern. Jetzt melden sich auch frühere SPÖ-Finanzminister kritisch zu Wort und bezeichnen die Schuldenbremse im Verfassungsrang als unnötige Selbstbindung, die noch dazu unglaubwürdig sei.

Morgenjournal, 25.11.2011

"Reine Optik"

Ferdinand Lacina war ab 1986 fast zehn Jahre SPÖ-Finanzminister. Heute betrachtet er den Gang seiner Partei immer wieder mit Sorge, auch in Sachen Schuldenbremse, wo Lacina ganz anderer Meinung ist als die SPÖ-Führung. Zwar halte er sehr viel von Mehreinnahmen und Einsparungen, um die Schulden zu reduzieren. Er halte aber gar nichts davon, das in die Verfassung zu schreiben. "Das ist eine Selbstbindung einer Regierung, die überhaupt nicht notwendig ist. Das ist reine Optik. Und nach einem Verfassungsbruch im letzten Jahr, als man den Budgettermin verstreichen hat lassen, grenzt das ans Absurde."

"Nicht glaubwürdig"

Lacina erinnert damit an die zu späte Budgetvorlage an den Nationalrat durch ÖVP-Finanzminister Josef Pröll im Vorjahr - ein Verfassungsbruch der Regierung ohne jede Konsequenz. "Das nächste Mal schreiben wir in die Verfassung, dass die Regierung regiert. Ich glaube, das ist nicht besonders glaubwürdig und weise, auch wenn das das eine oder andere Land schon vorgemacht hat."

Den Widerstand der Gewerkschafter kann Ferdinand Lacina daher verstehen. Man dürfe sich nicht die Hände binden in einer Situation, die nicht vorherbar sei. Der aktuellen Regierung wirft Lacina vor, sie lege zu viel Wert auf Optik und zu wenig Wert auf die tatsächliche Politik legt.

"Kein Verfassungsknebel"

Umso mehr, als jetzt auch noch über ein Verfassungslimit für die Steuer- und Abgaben-Quote diskutiert wird. Lacinas trockener Kommentar dazu: "Das ist ein noch größerer Unsinn als das andere."

Lacinas Vorgänger Franz Vranitzky haben wir zwar erreicht, er wollte aber keine öffentliche Stellungnahme zum Thema Schuldenbremse abgeben. Eines Sinnes mit Lacina ist der bisher letzte von der SPÖ gestellte Finanzminister Rudolf Edlinger. Er sagt: "Sparen ja, aber nicht per Verfassungsknebel."