Bundesmuseen setzen auf Zeitgenossen

Der Trend zur zeitgenössischen Kunst

Die zeitgenössische Kunst erobert die Bundesmuseen. Nicht nur, dass Christoph Thun-Hohenstein letzte Woche eine strukturierte Sammlungserweiterung fürs MAK angekündigt hat und es mit dem jüngst eröffneten 21er Haus ein neues Zentrum für die Kunst des 21. Jahrhunderts gibt - selbst Häuser wie das Leopold Museum und das Kunsthistorische Museum setzen nun auf Zeitgenossen.

Kultur aktuell, 29.11.2011

Alte Meister, aufgepeppt

Alte Meister durch die Brille lebender Künstler sehen: Das ist das neue Motto im Kunsthistorischen, wenn etwa im Jänner Jeff Koons einer Ausstellung in der Gemäldegalerie als Kurator neues Leben einhauchen wird. Koons macht Millionen mit aufgeblasenen Comicfiguren. An dem weltweiten Trend, Alte Meister mit der Brille von Zeitgenossen aufpeppen zu wollen, scheint kein Weg vorbei zur führen. In der National Gallery in London nicht, im Louvre nicht.

Auch wenn man das durchaus kritisch sehen kann, wie etwa Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder: "Wer in den Louvre geht und sieht, was hier mitten drunter, unter diesen Werken der St. Petersburger Hängung, sich an zeitgenössischer Kunst präsentiert, ist mehr peinlich berührt als aufgeklärt. Aber der Druck ist da, die Erwartungshaltung der Gegenwart die Tür zu öffnen, um überhaupt noch mit der Vergangenheit operieren zu können."

Kein Weg führt an dieser Entwicklung vorbei

Man erwartet sich, dass Rubens und Rembrandt wieder zum Publikum sprechen, versehen mit einem sozialkritischen Aspekt. Auch wenn die aktuelle Kunst solche Erwartungen oft nicht einlöst, sodass das Publikum dann doch nur verwirrt durch solche Ausstellungen geht, sich von den oft emotional stark aufgeladenen Kunstwerken aber doch irgendwie unterhalten fühlt.

Trotzdem, meint Schröder, führe kein Weg an dieser Entwicklung vorbei. Der Druck der Gegenwart auf die Museen sei gewaltig. Wo nicht groß Gegenwart draufstehe, ginge niemand mehr hinein. So sieht das auch Carola Kraus, deren traditionelle Aufgabe als Leiterin des Museums Moderner Kunst es ist, zeitgenössische Kunst zu sammeln: "Natürlich haben sie recht: Was hat Jeff Koons im Kunsthistorischen Museum zu suchen? Eigentlich hat er da gar nichts zu suchen. Aber ich denk, dass der Schwerpunkt wirklich dieser sein wird, dass er die Künstler einlädt, die Sammlung unter ihren Blick zu nehmen und unter ihren Gesichtspunkten zu präsentieren und das finde ich eine sehr schöne Idee."

Revierkämpfe beigelegt

Nach jahrelangen Revierkämpfen der österreichischen Bundesmuseen um die Gegenwartskunst scheint nun Harmonie eingekehrt zu sein. Zu verdanken ist das wohl der jahrelang diskutierten und viel kritisierten Museumsneuordnung. Erst im Oktober 2010 verkündete Ministerin Claudia Schmied (SPÖ), wer nun was sammeln darf. Die Albertina als Grafiksammlung etwa aktuelle Arbeiten auf Papier, das MAK die angewandte zeitgenössische Kunst und das Belvedere, wie Belvedere-Direktorin Agnes Husslein in Hinblick auf das neu eröffnete 21er Haus sagt: "Das Belvedere hat einen ganz klaren Auftrag: österreichische Kunst im internationalen Kontext. Das wird nun ins 21. Jahrhundert fortgeführt."

Neuerdings scheinen sich die Museumsleiter und Leiterinnen einig zu sein: es ist ausreichend zeitgenössische Kunst für alle da.