"Nicht rosig, aber keine Katastrophe"

Treichl: Konzentration auf Osteuropa

Das abgelaufene Jahr war heftig für die heimischen Geldinstitute. Die Krise hat bei Aktienkursen und Bilanzen deutliche Spuren hinterlassen und den Banken neue, strengere Kapitalvorschriften beschert. Für das Jahr 2012 ist der Chef der Erste Group, Andreas Treichl, dennoch nicht pessimistisch. Seine Hoffnungen setzt Treichl vor allem auf Zentral- und Osteuropa.

Mittagsjournal, 27.12.2011

Mit Erste-Group-Chef Andreas Treichl hat Volker Obermayr gesprochen.

"Keine Sorgen" in Zentral- und Osteuropa

Die Erste Group zähle operativ zu den stärksten Banken in Europa und sei ein einer Region tätig, die in den nächsten Jahren "positiv überraschen wird", so Treichl. In diesem Sinne mache er sich um die Banken in dieser Region keine Sorgen. Als größte Fehleinschätzung nennt der Erste-Chef die Erwerbungen in Rumänien, wo man gekauft hatte, als man noch meinte, es gehe bergauf. Das sei aber nicht der Fall. Dennoch glaubt Treichl, dass Rumänien "noch sehr viel Freude" bereiten werde. Und bezüglich Ungarn könne man nur hoffen, dass das Land wieder den Anschluss an die EU finde. Engpässe im Handel der Banken untereinander sieht Treichl nicht dramatisch: Im Grunde genommen habe sich nichts verändert, "zwischen den Banken in unserer Region läuft das sehr gut."

Eigenkapital wird aus Erträgen aufgestockt

Eine Kapitalerhöhung, um die neuen Kapitalvorschriften zu erfüllen, werde die Erste Group nicht brauchen, sagt Treichl. Den Bedarf von 743 Millionen Euro bis Juni 2012 werde man nicht nur erreichen, sondern sogar übertreffen. Der überwiegende Teil davon solle aus den Erträgen des vierten Quartals 2011 und den beiden ersten Quartalen 2012 kommen. Zudem werde man die risikogewichteten Aktiva außerhalb der Region Zentral- und Osteuropa zurückfahren. "Wir wollen alle unsere Ressourcen - Kapital und Mitarbeiter - in dieser schwierigen Zeit unseren Kunden in Österreich und der Region Zentral- und Osteuropa zur Verfügung stellen." Sollte dieser Plan nicht aufgehen und die Lage es nicht zulassen, ihn umzusetzen, "dann hat Österreich und diese Region ein anderes Problem als die Erste Group", nämlich eine "ganz unfassbare Finanzkrise". Doch Treichl meint, dass die Lage 2012 zwar nicht rosig sein werde, "aber ich sehe keine Katastrophe auf uns zukommen."

Deutliche Meinungen

Erste Chef Andreas Treichl hat 2011 wohl mehr Anlass zu Schlagzeilen gegeben hat als ihm lieb war. Er hat sich weder beim Charakterisieren von Politikern zurückgehalten noch beim radikalen Wertberichtigen der Bilanz. Der Aufsichtsrat hat seinen Vertrag als Vorstandschef der Gruppe trotzdem oder gerade deswegen bis 2017 verlängert. Und Treichl will auch im Neuen Jahr mit seiner Meinung nicht hinterm Berg halten, wie er im Ö1 Interview sagt: "Wenn man schießt, muss man gefasst sein, dass zurückgeschossen wird."