Brüsseler Experte: "Einfluss gleich Null"

Zweifel an Euro-Fiskalpakt

Durch neue, strengere Haushaltsregeln und mehr Disziplin soll der Euro stabilisiert werden. Enthalten sind diese Regeln im sogenannten Eurofiskal-Pakt, an dem derzeit gefeilt wird. Doch bevor dieser Pakt überhaupt steht, häufen sich schon die Zweifel daran. Einer der Zweifler ist der Brüsseler Ökonom Daniel Gros.

Morgenjournal, 5.1.2012

"Nur leere Schlagworte"

Neues Vertrauen durch mehr Haushaltsdisziplin - das ist das Ziel des Eurofiskal-Pakts. Mitmachen wollen grundsätzlich alle EU-Länder - bis auf Großbritannien, doch in erster Linie sollen die Euroländer die neuen Regeln anwenden - Schuldenbremsen, strenge Obergrenzen bei der Neuverschuldung und Sanktionen für jene, die sich nicht an die Abmachung halten sind die Kernpunkte dieses internationalen Vertrages, der bis Ende Jänner stehen soll. Das seien alles nur leere Schlagworte, urteilt der Ökonom Daniel Gros vom Center for European Policy Studies: Der Pakt werde wohl kommen, sein Einfluss aber eher Null sein. Der Fiskalpakt enthalte nur eine Schuldenbremse, die nicht einmal so streng sei wie der ursprüngliche Stabilitäts- und Wachstumspakt. Denn der habe noch einen ausgeglichenen Haushalt über den Konjunkturzyklus vorgesehen, während im Fiskalpakt ein kleines Defizit noch erlaubt wird.

"Alter Hut"

Auch die vorgesehenen Sanktionen genügen Gros nicht: "Das ist ein alter Hut. Wenn es wirklich dazu kommt, stimmt keiner für Sanktionen." Das einzige, was der Pakt bringe, sei, dass Deutschland sagen kann: "Wir haben jetzt, was wir wollten. Es wird keine ungebremste Schuldenmacherei mehr geben - und deswegen können wir den Ländern in der jetzigen Krise etwas mehr helfen. "

Italien und Griechenland

Das einzige Ziel für 2012 müsse es sein, dass Italien sich weiter finanzieren kann und trotzdem weiter zu Reformen gezwungen ist. Das Sparen sei zwar schwierig, aber es führe kein Weg daran vorbei. Italien habe auch über seine Verhältnisse gelebt, wenn auch nicht so exzessiv wie Griechenland. Gros ist zuversichtlich, dass der Sparkurs gelingen kann, "ohne dass Italien so vollständig abtaucht wie Griechenland." Wenn erste Erfolge sichtbar werden, könnten die Spannungen im Verlauf des Jahres sinken, hofft Gros. Die große Gefahr gehe aber weiter von Griechenland aus. Ein Knall dort könnte sich auf die gesamte Euro-Zone ausweiten. Und Gros betrachtet die Wahrscheinlichkeit für so einen Knall als "recht hoch".