Teure Staatsanleihen

Problemfall Ungarn

Wenig rosig ist derzeit die Lage in Ungarn. Das Land entwickelt sich immer mehr zum nächsten Problemfall in der EU. Wieder einmal ist es ins Visier der Finanzmärkte geraten: Die Renditen für Staatsanleihen steigen, die Kreditversicherungen werden teurer und der Forint verliert an Wert.

Mittagsjournal, 09.01.2012

Ungarns Finanznot

Ungarn schlittert seit Jahren in eine immer größer werdende Finanznot. Das Land ist derzeit kaum mehr in der Lage, sich Geld am internationalen Kapitalmarkt auszuleihen, weil es zu teuer wird. Zuletzt hat Ungarn für seine Staatsanleihen bis zu 11 Prozent Zinsen zahlen müssen. Peter Brezinschek, Chefanalyst der Raiffeisen Bank International fasst die Probleme Ungarns zusammen: "Ungarn hat ein gewisses Wettbewerbsfähigkeitsproblem, eine Wachstumsrate wurde seit 2008 nicht mehr erzielt, die ungarische Wirtschaft schrumpft, auch im heurigen Jahr."

Ausländische Investoren und Banken

Ähnlich sieht das Birgit Niessner, Analystin bei der Erste Bank. Und sie ergänzt: "Ungarn hat unter den osteuropäischen Ländern die höchste öffentliche Verschuldung und noch dazu hält ein großer Teil ausländischer Investoren diese Staatsschulden in Händen. das heißt, sie spüren den Marktdruck unmittelbar." Ungarn steht nicht nur vorwiegend bei ausländischen Investoren in der Kreide, es sind auch ausländische Banken, die seit Jahren sehr stark in Ungarn engagiert sind.

Österreichische Banken in Ungarn

An vorderster Stelle sind das die österreichischen Banken: Erste Bank, Raiffeisen Bank International und Volksbanken AG. Gemeinsam haben sie mehr als 30 Milliarden Euro an Krediten in Ungarn vergeben. Angst, dass die Banken durch Kreditausfälle Milliarden verlieren können, hat Brezinschek nicht: "Man muss es so sehen, dass den Krediten immer auch Spareinlagen gegenüberstehen. Vor allem die Euro-und Schweizer-Franken-Kredite wurden ja nicht für Konsumausgaben sondern für Anschaffungen von Wohnraum bzw. Eigenheime verwendet. Das heißt, es sind Activa vorhanden."

Kredite werden teurer

Auch Birgit Niessner ist bemüht, die Situation nicht dramatisch aussehen zu lassen: "Wirkliche Horrorszenarien sehen wir nicht im Raum stehen, sowie etwa eine Staatspleite, die in den Medien kursiert. Das hätte viel größere Auswirkungen. Aber zur Zeit fühlen wir uns mit dem Vorsorge- und Risikomanagement auf der sicheren Seite." Was bleibt ist aber die Tatsache, dass alle Ratingagenturen die Kreditwürdigkeit Ungarns auf Ramschstatus herabgestuft haben, und dass die ungarische Währung Forint stark an Wert verloren hat. Das macht es für die ungarischen Kreditnehmer viel teurer, ihre Kredite zurückzuzahlen. Werden sie angesichts der Wirtschaftskrise etwa arbeitslos, könnten sehr wohl viele Kredite für die österreichischen Banken uneinbringlich werden.

Ungarn braucht internationale Hilfe

Aus dem Debakel herauskommen könne Ungarn nur mit internationaler Hilfe, meinen die Analysten. Schon 2008 hat Ungarn ja einen Milliarden-Notkredit vom Währungsfonds und der Weltbank bekommen. Letzten Herbst sind die Gespräche über neue Hilfen aber wegen der Wirtschaftspolitik der Regierung unterbrochen worden. So hat die Regierung etwa die Unabhängigkeit der Nationalbank eingeschränkt. Da müsse Ungarn jetzt nachgeben und auf die EU zugehen, fordern alle Experten, sonst drohe tatsächlich ein Finanz-Debakel.