Nigerias muslimische Filmindustrie

Kanywood

Im Norden Nigerias, der unter dem islamischen Recht der Scharia steht und wo es tödliche Anschläge auf Christen und christliche Institutionen gibt, werden trotzdem Filme produziert - und auch gern gesehen.

Kulturjournal, 13.01.2012

Alexander Göbel

Kanywood-Geschichten sind immer gleich, aber im Norden Nigerias lieben die Menschen diese immer wiederkehrende Beschwörung von Moral, Tradition und Religion - Saulus wird zum Paulus. Je mehr Variationen des Themas, desto besser. Filme made in Kano sind extrem beliebt. Wie viele dieser Streifen produziert werden, weiß niemand genau, pro Jahr dürften es rund 2.000 sein.

Moralischer Zeigefinger

Ein besonderes Merkmal der Filme aus Kano ist der moralische Zeigefinger. Absolutes Tabu sind Küsse oder gar Bettszenen. Der Islam soll positiv dargestellt werden, Kritik ist unerwünscht. Mit der für Sex & Crime berüchtigten Filmindustrie Nollywood im christlichen Süden Nigerias hat Kanywood nicht allzu viel gemein.

Anders als in Lagos müssen Filmemacher in Kano mit der Zensurbehörde kämpfen. In Kano gibt es sie seit 2001, als in vielen Bundesstaaten im Morden Nigerias das islamische Recht der Scharia eingeführt wurde.

Keine Dreherlaubnis ohne Zensurbehörde

Künstlerische Freiheit sieht anders aus: Schon vor der Produktion muss das Skript genehmigt werden, dabei wird die Vorlage häufig geändert, dann muss die ganze Crew bei der Zensurbehörde registriert sein, auch alle Schauspieler. Außerdem will die Behörde wissen, wo gedreht wird, beklagt eine Regisseurin. Wenn man beim Dreh ständig Bewacher dabei hat, geben die Schauspieler natürlich nicht alles, sagt sie.

Auch die Schauspieler von Kanywood wollen in erster Linie unterhalten, aber: Sie sind immer auch Aufklärer. Movie-Missionare für ein positives Image eines friedlichen Islam. Gerade in diesen Zeiten sei das besonders wichtig, erklärt Ibrahim, einer der Schauspieler am Set, denn der wahre Islam habe rein gar nichts mit der Gewalt von Terroristen zu tun.