Entspannung erschwert

Herabstufung als Weckruf

Der Verlust der Top-Bonität ist keine Katastrophe für Österreich, aber ein Weckruf, seit langem angekündigte Strukturreformen etwa im Gesundheitssystem oder bei Frühpensionen nun endlich umzusetzen. Das ist die Grundaussage von Experten und politischen Vertretern, die am Abend in der ORF-Sendung "Im Zentrum" diskutiert haben.

Morgenjournal, 16.1.2012

"Regierung tut zu wenig"

Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) beschwichtigt zunächst: Man lasse sich durch die Standard&Poor's-Entscheidung nicht entmutigen, der eingeschlagene Budgetkurs sei richtig und müsse nun verschärft werden. Weniger positiv formuliert es Wirtschaftsforscher Bernhard Felderer. Die Staatsverschuldung von rund 72 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sei bedenklich, die Regierung tue zu wenig dagegen.

Reformen nötig

Österreich müsse dringend den Haushalt sanieren, sagt Felderer, und da stimmt ihm auch die Finanzministerin zu. Fekter plädiert einmal mehr dafür, Strukturreformen umzusetzen. Es gebe viele Löcher, wo das Geld ineffizient ausgegeben werde, und die müsse man stopfen. Das sieht auch Erste Group-Chef Andreas Treichl so: Ohne Strukturreformen werde es nicht wieder zu einem TripleA kommen. Finanzstaatssekretär Andreas Schieder (SPÖ) bekräftigt den Wunsch seiner Partei, dass neben den notwendigen Einsparungen auch vermögensbezogene Steuern Teil des Sparpakets sein sollen.

Schuldenbremse

Bei der Budgetsanierung soll nach deutschem Vorbild auch die Schuldenbremse im Verfassungsrang helfen, die in Österreich bisher am Widerstand der Opposition scheitert. Der deutsche Europaabgeordnete Elmar Brok betont, eine Schuldenbremse in der Verfassung sei nötig, sonst habe dieses Instrument keine Glaubwürdigkeit.

Entspannung erschwert

Dass das verlorene Triple A unmittelbare negative Auswirkungen auf Österreich selbst hat, etwa höhere Zinsen für Staatsanleihen, glaubt Nationalbankgouverneur Ewald Nowotny nicht. Weil Standard & Poor's aber die Kreditwürdigkeit von insgesamt neun Eurostaaten herabgestuft hat, könnte sich die Schuldenkrise verschärfen. Der begonnene Entspannungsprozess werde dadurch erschwert, sagt Nowotny.