Fekter: Probleme wegen Nachbarn
Österreich verliert Top-Bonität
Nach der Herabstufung von Österreich, Frankreich und sieben weiteren Euro-Ländern durch die Ratingagentur Standard & Poor's bemühen sich die Politiker um Schadenbegrenzung. Österreich habe sein Top-Rating vor allem wegen der engen Verflechtung mit Ungarn und Italien und den wirtschaftlichen Problemen in diesen beiden Staaten verloren, betonte Finanzministerin Fekter.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 14.01.2012
ORF-Wirtschaftsredakteur Volker Obermayr im Gespräch mit
Budget und Nachbarn
Die US Ratingagentur Standard & Poor´s hat zum Rundumschlag in der Eurozone ausgeholt und die Kreditwürdigkeit von neun EU-Staaten herabgestuft. Nicht auf der Liste ist Deutschland, dafür aber Frankreich und ebenso Österreich.
Standard and Poor´s sieht mehrere Probleme. Da ist zum Beispiel die Lage der Eurozone, der noch unklare Kurs bei der Budgetsanierung und da ist die Entwicklung bei unseren Nachbarn Italien sowie Ungarn. Weil eine schnelle Lösung nicht in Sicht sei, wertet die US-Agentur den Ausblick auf negativ. Eine noch geringere Kreditwürdigkeit ist damit wahrscheinlich.
Budget und Strukturprobleme sind bekannt und Gegenstand der Regierungspolitik. Warum fließt aber die Entwicklung bei unseren Nachbarn ein?
Da muss man sich nur die engen wirtschaftlichen Beziehungen ansehen. Das krisengeschüttelte Italien ist der zweitwichtigste Handelspartner Österreichs. In Ungarn, das internationale Hilfe braucht, sind die heimischen Banken stark engagiert und sie könnten neuerlich Staatshilfe benötigt. Die Banken schließen das jedoch aus.
Höhere Zinsenzahlungen
Welche Konsequenzen hat nun das Urteil von Standard & Poor´s?
Es kann sein, dass Österreich nun für Anleihen höhere Zinsen zahlen muss. Für die Politik heißt es, dass sie bei den diversen Reformen mehr Tempo machen sollte. Und die Banken sind angehalten ihre Risikopuffer auszudehnen - was die Institute schon tun.
Regierung drückt aufs Tempo
Gleich nachdem die Herabstufung offiziell war, veröffentlichten Kanzler Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Spindelegger (ÖVP) eine gemeinsame Erklärung, in der Unverständnis über diesen Schritt geäußert und auf die laufenden Bemühungen für eine Sparpaket verwiesen wurde. Aber die ÖVP sieht jetzt auch Eile geboten.
Morgenjournal, 14.01.2012
Spindelegger: Sparpaket rasch umsetzen
Zunächst sagt Michael Spindelegger, ÖVP-Vizekanzler im Morgenjournal-Interview, es sei unverständlich, wenn wenige Tage zuvor eine andere amerikanische Ratingagentur das Gegenteil behauptet habe und das Triple-A für Österreich bestätigt habe. Aber im Grunde gehe es jetzt für Österreich darum zu handeln. Und zwar so, dass jetzt das geplante Sparpaket rasch durchgezogen wird. Es gehe um die Themen Pensionen, Gesundheitsausgaben und generell darum, die Schuldenbremse mit Leben zu erfüllen, sagt der ÖVP-Chef Spindelegger.
Nicht überschätzen, aber ernst nehmen - lautet die Devise. Gepaart mit der Erwartung, dass das Verdikt der Ratingagentur die Opposition bei der verfassungsrechtlichen Verankerung der Schuldenbremse einlenken lässt. Spindelegger sagt, das sollte den Bremsern zu denken geben. Sie sollten ihr Verhalten ändern.
Faymann: Rasche Einigung
Das sieht auch Kanzler Faymann so, der via Facebook versichert, dass Österreichs Wirtschaftsdaten nach wie vor sehr gut seien und bekräftigt, die Gespräche zur Haushaltskonsolidierung bis Ende Februar abzuschließen. Für Vizekanzler Spindelegger könnte es auch etwas schneller gehen.
Fekter: Gelbe Karte ernst nehmen
Finanzministerin Maria Fekter, ebenfalls ÖVP, nennt die Standard & Poor‘s Entscheidung eine "Gelbe Karte" für Österreich. Das Damoklesschwert Schulden sei bis in den Herbst hinein zu wenig beachtet worden. Wobei Fekter mit dem "wir" eigentlich die SPÖ meint, die in ihren Augen die Schuldenproblematik zu lange zu wenig ernst genommen hat.
Die Industriellenvereinigung macht ebenfalls die "Schuldenpolitik" sowie "fehlende Strukturreformen" für den Verlust des Triple A verantwortlich.