Aufregung in Euro-Zone
Standard & Poor's verteidigt Vorgehen
Heftige Reaktionen hat der Warnschuss der Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) für praktisch die gesamte Eurozone hervorgerufen. Im Interview mit dem Deutschlandfunk bezeichnete der Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, diese Entscheidung als maßlos überzogen und ungerecht. Der Chefanalyst von Standard & Poor's in Deutschland verteidigt hingegen das Vorgehen.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 06.12.2011
Siebzehn Staaten haben den Euro als Währung, zwei davon sind schon unten durch bei den Rating-Agenturen: Griechenland völlig und Zypern steht bereits seit längerem unter Beobachtung.
Die fünfzehn anderen hat die Rating-Agentur Standard & Poor's jetzt unter Beobachtung gestellt und droht, ihre Kreditwürdigkeit herabzustufen.
Darunter sind auch jene sechs Euro-Staaten wie Österreich, die bis jetzt die Bestnote Triple-A haben - davon gibt es weltweit nur sechzehn Staaten.
Im Interview mit dem Deutschlandfunk hat der Chef der Euro-Gruppe, Jean-Claude Juncker, diese Entscheidung als maßlos überzogen und ungerecht abqualifiziert. Der Chefanalyst von Standard & Poor's in Deutschland verteidigt das Vorgehen.
S&P will gesamteuropäische Lösung
Die Gefahr einer Rezession ist gestiegen. So begründet der Europa-Chefanalyst von Standard & Poor's, Moritz Kraemer, die Androhung, die Kreditwürdigkeit der Euroländer zu senken. Die Risiken, die von der derzeitigen Krise ausgehen, könnten in den kommenden Wochen deutlich steigen, erklärt Kraemer im ARD-Morgenmagazin. Er spricht von einer Vertrauenskrise. Die Krise habe sich immer näher an den Kern der Euro-Zone herangefressen, deshalb bedürfe es auch einer gesamteuropäischen Lösung. Davon sei auch das Bankensystem betroffen. Die Gefahr einer Rezession in Europa, aber auch weltweit sei insgesamt gestiegen.
Verweis auf USA und Japan
Die Zinsen für Staatsanleihen der Triple-A-Länder seien aber noch immer sehr niedrig, meint der Europa-Chefanalyst. Er verweist auf Japan und die USA, die bereits downgegraded worden sind. Dort habe sich an den niedrigen Zinsen nichts geändert.
Den Vorwurf, dass Ratingagenturen mit ihren Entscheidungen, das Misstrauen der Investoren noch weiter schüren, lässt Kraemer nicht gelten: er verweist in diesem Zusammenhang ein weiteres Mal auf die USA und die nicht gestiegenen Zinsen.
Und der Standard & Poors's Europa Analyst glaubt auch nicht daran, dass sich Anleger ausschließlich auf die Einschätzung von Ratingagenturen verlassen. Die Investoren seien nicht blind.
Druck auf EU-Gipfel groß
Die Androhung, die Kreditwürdigkeit der Euro-Länder herunterzustufen - der sogenannte Status CreditWatch mit negativem Ausblick - bedeutet, dass die Kreditwürdigkeit der betroffenen Länder in den nächsten 90 Tagen herabgesetzt werden kann. Die Wahrscheinlichkeit dafür beurteilen Experten mit 50 zu 50.
Dadurch steigt auch der Druck auf die EU-Politiker, beim bevorstehenden Gipfel am Donnerstag und Freitag in Brüssel, überzeugende Maßnahmen gegen die Schuldenkrise zu beschließen. Europa-Chefanalyst Kraemer erwartet sich viel vom kommenden EU-Gipfel, man werde sich die dortigen Entscheidungen genau ansehen, sagt Moritz Kraemer, Europa-Chefanalyst der Ratingagentur S&P.