Deutscher zukünftiger EU-Parlamentspräsident

Schulz kritisiert EU-Krisenmanagement scharf

An der Spitze des Europäischen Parlaments wird es kommende Woche einen Wechsel geben. Parlamentspräsident Buzek, ein polnischer Christdemokrat, übergibt sein Amt dem deutschen Sozialdemokraten Schulz. Fünf Tage vor seiner formellen Wahl lässt der zukünftige EU-Parlamentspräsident mit scharfer Kritik am Krisenmanagement der Regierungschefs aufhorchen.

Morgenjournal, 13.1.2012

Schulz gegen EU-Wirtschaftsregierung

Martin Schulz ist ein konfrontationsfreudiger sozialdemokratischer Fraktionschef im Europäischen Parlament. In der neuen Funktion als Präsident des Europaparlaments will sich der scharfzüngige Deutsche dagegen wenden, wie sich die Staats- und Regierungschefs selbstherrlich zur EU-Wirtschaftsregierung aufschwingen, kündigt Schulz in der ORFIII–Sendung "Inside Brüssel" an. "Eine solche Regierung - wenn das eine Regierung eines Staates wäre, die sooft tagt und nie ein Ergebnis produziert, die wird abgewählt", sagte Schulz.

Martin Schulz weiß, dass es öffentliche Aufmerksamkeit meist erst dann gibt, wenn kontroversielle Meinungen aufeinanderprallen. Das wird verstärkt auch im Europaparlament der Fall sein. Zwischen Exekutive und Parlament müsse es eine Spannung geben, dann schaue die Bevölkerung hin, erklärte Schulz.

Schulz: "Orban spielt ein Spiel"

Bei der Auseinandersetzung der EU mit Ungarns nationalkonservativem Regierungschef Viktor Orban warnt der Sozialdemokrat Schulz vor Überreaktionen. Vertragsverletzungsverfahren seien der richtige Weg, sollte die neue ungarische Verfassung zu im Widerspruch zu EU-Regeln stehen.

"Ungarn kann man noch nicht als autoritären Staat bezeichnen. Ich bin da sehr vorsichtig", so Schulz. Orban spiele ein Spiel - man solle ihn nicht die Ecke drängen, sondern auf dem Vernunftweg mit ihm verhandeln. Er wolle den Dialog nicht abbrechen, sondern den Menschen in Ungarn vermitteln, dass die EU "helfen will und nicht knechten."

Bargeldzahlungen bei Bürgerreisen?

Auch dem zukünftigen EU-Parlamentspräsidenten bleibt die Debatte über angebliche Privilegien des EU-Parlaments nicht erspart. Letztes Beispiel: die Kritik des EU-Rechnungshofes an der großzügigen Finanzierung von Bürgerreisen zu den Parlamentssitzen in Brüssel und Straßburg, ohne detaillierte Abrechnung.

Er sei froh, dass es Besuchergruppen gibt, die sich anschauen, wie das EU-Parlament arbeitet. Etwaige Bargeldzahlungen will er hinterfragen und gegebenenfalls abstellen, sagte Schulz.