Chancen für zwei Österreicher

Sesselrücken im Europaparlament

Im europäischen Parlament in Straßburg geht es heute Dienstag um Personalfragen. Der deutsche Sozialdemokrat Martin Schulz wird neuer Vorsitzender des EU-Parlaments, er löst den polnischen Christdemokraten Jerzy Buzek ab. Hoffnungen auf einen Karrieresprung machen sich auch zwei österreichische Abgeordnete, Hannes Swoboda und Othmar Karas.

Morgenjournal, 17.1.2012

Wahl von Schulz sicher

Die bevorstehende neue personelle Aufstellung an der Spitze des Europaparlaments ist das Resultat eines großkoalitionären Abkommens. Christdemokraten, die größte Fraktion, und Sozialdemokraten hatten sich auf eine Teilzeitlösung für die Parlamentsführung geeinigt. Um das Amt des Parlamentspräsidenten bewirbt sich neben dem wortgewaltigen deutschen Sozialdemokraten Martin Schulz auch die britische Liberale Diana Wallis und ein konservativer Abgeordneter aus Großbritannien. Aber auch die Grünen wollen Schulz als obersten "Mister Europaparlament" sehen. Seine Wahl gilt als sicher.

Chancen für Swoboda

Über die dadurch frei werdende Position an der Spitze der SP-Fraktion werden die sozialdemokratischen Europaabgeordneten am Nachmittag entscheiden. Gute Chancen hat Hannes Swoboda, der langjährige SPÖ-Europaabgeordnete, der sich als Vermittler zwischen den nationalen SP-Delegation bewährt hat. Die beiden Konkurrenten in der SP-Fraktion sind die ehemalige Bürgermeisterin der Stadt Straßburg, Cathrine Trautmann, und der britische Labour-Abgeordnete Stephan Hughes, die ebenfalls in die Fußstapfen von Martin Schulz treten wollen. Gelingt Hannes Swoboda der Sprung zum obersten Sozialdemokraten im Europaparlament, dann hätte der Österreicher auch den nächsten Europawahlkampf 2014 zu koordinieren. Keine leichte Aufgabe bei der schrumpfenden Zahl sozialdemokratischer Regierungschefs.

Karas als Vizepräsident?

ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas dürfte zu einem von 14 Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments aufsteigen. Eine protokollarisch wichtige Position im Spiel der Kräfte in der EU. Die Vizepräsidenten leiten nicht nur Plenartagungen, es kommt ihnen auch eine maßgebende Rolle zu, um das Europäischen Parlament gegenüber den EU-Regierungen und der Europäischen Kommission zu positionieren.

Läuft alles wie geplant, dann werden Othmar Karas und Hannes Swoboda über neue europäische Führungspositionen verfügen, die sich auch als Plattform benützen lassen, in die europapolitische Diskussion in Österreich einzugreifen.

Bei Krisenbewältigung mitentscheiden

Auch Martin Schulz hat sich viel vorgenommen. Er muss versuchen die wichtigste direkt gewählte Institution der EU verstärkt in den Entscheidungsprozess um die Eurokrise einzubringen. Als neuer Parlamentspräsident will er sich bei den Gipfeln der Staats-und Regierungschefs nicht schon nach wenigen Minuten hinauskomplimentieren lassen, wie das bisher üblich war. Schon beim nächsten EU-Gipfel Ende Jänner wird er seine Durchschlagskraft beweisen können.