Experte Doralt: "Gesetzwidrig"

Aus für Steuerprivileg von Spitzensportlern?

In der aktuellen Spardebatte steht jetzt auch eine Einkommensteuerregelung in der Kritik, die speziell auf Spitzensportler zugeschnitten ist: Diese dürfen nämlich, wenn sie überwiegend im Ausland tätig sind, wesentliche Teile ihres Einkommens unversteuert lassen. Der Steuerrechtsexperte Werner Doralt fordert Änderungen, die Parteien sind gespalten.

Morgenjournal, 19.1.2012

Nur 17 Prozent Steuern

Die Tiroler Tageszeitung zitiert Doralt mit den Worten: "Dieser Erlass (gemeint ist die Verordnung des Finanzministeriums) ist eine einzige Sauerei und ein Steuerprivileg erster Klasse." Gegenüber Ö1 präzisiert Doralt seine Kritik. Die Regelung ist schon viele Jahre alt, und sie ist nicht ganz unkompliziert. Spitzensportler, die überwiegend im Ausland tätig sind, brauchen nur ein Drittel ihres Einkommens versteuern. Allerdings der Korrektheit halber eine kleine Einschränkung: Als Steuer-Prozentsatz wird jener des gesamten Einkommens angenommen. Im Ergebnis, so hat Finanzrechtsprofessor Werner Doralt ausgerechnet, bezahle so ein Spitzensportler (viele sind es zugegebenermaßen nicht) de facto nur 17 Prozent Steuern.

"Verordnung eindeutig gesetzwidrig"

Werner Doralt fordert, dass jedenfalls die Werbeeinnahmen ausgenommen werden, die der Sportler im Inland erzielt. Warum sollte ein Sportler nicht wie jeder andere Spitzeneinkommensbezieher 50 Prozent Steuer bezahlen, ruft Doralt einerseits nach Gerechtigkeit, vor allem aber nach Vollzug des Gesetzes: "Die Verordnung ist in diesem Fall ganz eindeutig gesetzwidrig." Das Budget könnte man damit zwar nicht sanieren, aber es sei ein kleiner Beitrag zur Steuergerechtigkeit.

Steuerflucht und Privilegien

Die Regierungsparteien, derzeit auf der Suche nach Steuerreform, Privilegienabbau und Budgetsanierung, sind zur Zeit uneinheitlicher Meinung zum Thema Spitzensportler-Besteuerung, auch jeweils innerhalb der Parteien. Aus dem schwarz geführten Finanzministerium heißt es, das bringe nicht wirklich Mehreinnahmen, und wenn sich die Sportler wohnsitzmäßig ins Ausland absetzen, sieht der Fiskus dann überhaupt nichts. ÖVP-Generalsekretär Hannes Rauch hingegen spricht in der "Tiroler Tageszeitung" von Privilegien und Steuerschlupflöchern, die man sich im Zuge der Budgetsanierung anschauen müsse.

Thema für Arbeitsgruppe

Ähnlich uneinheitlich die SPÖ: Aus dem rot geführten Sportministerium heißt es reichlich zurückhaltend, man sei nicht für Steuern zuständig, das sei eine Angelegenheit des Finanzministeriums, das ja von der ÖVP geführt. SPÖ-Budgetsprecher Jan Krainer hingegen zeigt deutliche Sympathie für eine Änderung der Spitzensportler-Besteuerung. Den Punkt der Werbe-Besteuerung müsse man sich genauer anschauen. "Diese Kritik ist nicht ganz unberechtigt", so Krainer. Der SPÖ-Budgetsprecher will dafür sorgen, dass die Spitzensportler-Besteuerung in der Arbeitsgruppe zur Steuerstrukturreform überprüft wird.