Vertriebene bekommen Land zurück

Kolumbien entschädigt für Eigentumsverlust

Im Juni 2011 verabschiedete in Kolumbien die Regierung ein Wiedergutmachungsgesetz für 40 Millionen Kolumbianer, die aufgrund des bewaffneten Konfliktes seit 1985 zwischen der linksgerichteten Guerillagruppe FARC, den Paramilitärs und der Armee von ihrem Grund vertrieben wurden. Jetzt haben 304 Familien die ersten Grundstücke zugeteilt bekommen.

Morgenjournal, 21.1 2012

Aus Bogota,

Nach 15 Jahren Land zurück

Ubaldo Barrios ist 40 Jahre alt, er läuft mit Tränen in den Augen über ein Stück Land, das er fortan Seines nennen darf. Vor fünfzehn Jahren wurde er von Paramilitärs von seinem einstigen Grundstück vertrieben. Heute will die kolumbianische Regierung ihn für seinen Verlust entschädigen, doch der Familienvater verlor damals mehr als nur sein Land: „Aufgrund der Vertreibung habe ich meinen Sohn und meine Frau verloren. Jetzt habe ich noch zwei kleine Kinder. Ich habe nur Dank Gottes Hilfe überlebt, denn ich war zwei Jahre schwer krank“.

Präsident Santos: Historischer Moment

850.000 Hektar sollen in diesem Jahr an Bauern, denen ein ähnliches Schicksal wie Ubaldo Barrios widerfahren ist, verteilt werden. Einige von ihnen erhalten außerdem eine finanzielle Unterstützung zwischen fünf und zehntausend USD. Bis Ende der Regierungszeit des amtierenden Präsidenten Juan Manuel Santos sollen insgesamt 3.5 Millionen Hektar Land an die Vertreibungsopfer zurückgegeben werden.

Kolumbiens Präsident Santos erklärte: „Dies ist für das Land ein historischer Moment, den Bauern jene Ländereien zurückzugeben, von denen sie einst vertrieben wurden, damit sie wieder als Landwirte arbeiten können. Dies wird ein neues Kapitel in unserer Geschichte sein. Es ist eine große Agrarrevolution, die wir heute offiziell in die Tat umsetzen“.

Ländereien auch von Escobar

Die ersten Ländereien, die die Regierung jetzt verteilt, gehörten einst dem 1993 ermordeten Drogenbaron Pablo Escobar - insgesamt 128.000 Hektar. Der Landwirt Eduardo Bracamontes erinnert sich noch daran, als sich keiner traute sich diesem Grundstück auch nur zu nähern: „Als Pablo Escobar der Besitzer dieser Ländereien war, durfte hier keiner hin, noch nicht einmal einen Ast konnte man abbrechen. Die Armen wurden ständig kontrolliert und die Paramilitärs hatten die Macht. Hier war keiner, nicht einmal ein Hund, den hätten sie auch sofort erschossen“.

Familien wird geholfen

Juan Manuel Ospina, Vorsitzender des Instituts für landwirtschaftliche Entwicklung, erklärte, es sei notwendig, dass der Staat jenen Familien im Aufbau ihrer Landwirtschaft mit entwickelten Projekten zur Seite stehe: „Wir werden ein Arbeitsprojekt entwickeln, indem wir gemeinsam mit den Familien und der Unterstützung von Unternehmen hier Kakao, Kautschuk und Bananen anpflanzen werden“.

Gewalt- und Drogenproblem bleibt

Trotz der Initiative der Regierung, die Opfer des seit Jahren andauernden bewaffneten Konfliktes in Kolumbien zu entschädigen, löst es nicht das eigentliche Problem. Seit 2010 steigt die Zahl der Gewalttaten gegen die Bevölkerung in einigen Regionen wieder an. Splittergruppen der einstigen entwaffneten Paramilitärs schüchtern mit Morddrohungen Dorfbewohner ein, um auch weiterhin ungehindert ihre Drogengeschäfte abwickeln zu können.