Teil drei und vier von "Life and Times"
Aus dem Leben der Kristin Worall
Das Nature Theatre of Oklahoma, eine freie Theatergruppe aus New York, hält wieder Einzug ins Burgtheater. Das Ensemble ist bekannt für seine Experimentierfreude. Sein bisher umfangreichstes Projekt trägt den Titel "Life and Times". Das ist ein auf zehn Teile angelegtes Theater-Epos, in dem eine US-Amerikanerin, Mitte dreißig, ihre Lebensgeschichte erzählt.
8. April 2017, 21:58
Vor gut zwei Jahren realisierte das Nature Theater of Oklahoma im Burgtheater Teil eins dieses Zyklus'. Nun wird die Kooperation fortgesetzt: Am Freitag, 20. Jänner 2012, werden im Kasino am Schwarzenbergplatz zwei weitere Episoden uraufgeführt. Die New Yorker Truppe erhält dabei Unterstützung von Schauspielern des Burgtheater-Ensembles.
Kulturjournal, 20.01.2012
Frisch von der Leber weg hat Kristin Worall in mehreren Telefongesprächen von ihrem Leben erzählt. Die Aufzeichnung dient nun als Textgrundlage eines gigantischen Werkzylus'. In den Episoden drei und vier, in denen Worall übrigens im ersten Teil selbst mitspielt, handeln von der Teenagerphase der jungen Frau; sie berichtet über ihre ersten erotischen Erfahrungen, das erste Mal Pottrauchen und die Selbstzweifel eines jungen Menschen.
Es ist ein stinknormales Leben, könnte man sagen. Wie die New Yorker Truppe Nature Theater of Oklahoma mit dem Textmaterial umgeht, ist allerdings in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich. Vollkommen unbearbeitet, mit allen "Ähms", "Ahs" und halben Sätzen, die der freien Erzählung entspringen, hat man den Text für das viereinhalb Stunden dauernde Stück übernommen. Manuskripte haben die Schauspieler keine erhalten, stattdessen lesen sie den Text von Papptafeln ab.
"Wir wollten dem Text einen Körper geben", sagt Co-Regisseur Pavol Liska. "Wenn das Publikum diesen Stoß mit Papptafeln sieht, dann weiß es, wie viel es noch vor sich hat. Wir wollen den Leuten nicht vormachen, dass wir hier Fiktion kreieren. Das Publikum weiß stets: Dieser Text stammt nicht von den Schauspielern, sie nehmen ihn nur und machen etwas Neues aus ihm. Das ist ja eigentlich der Job des Schauspielers: Eine Realität herzunehmen, die nicht die seine ist, und sie lebendig zu machen."
Alles hat Bedeutung
Alles, was man erzählt - auch das scheinbar Belanglose - hat Bedeutung. Das hat auch die moderne Sozialforschung und die Psychotherapie erkannt. Die Darsteller nutzen die Dramaturgie, die sich aus den freien Assoziationen ergibt, und setzen sie in Schauspiel um. Hinzu kommt, dass der Kontext, in dem sich all das abspielt, rein gar nichts mit dem Erzählten zu tun hat.
Die Bühne ist ein altes Kaminzimmer, das Setting und die Atmosphäre erinnern an einen Krimi von Agatha Christie. Eine absurde Situation für Publikum und Schauspieler gleichermaßen. Burgschauspieler Fabian Krüger, der bereits in der ersten Episode von "Life and Times" mitgewirkt hat, genießt diese Narrenfreiheit.
Nach neuen Formen suchen
Während in den ersten beiden Episoden der Text durchgängig gesungen wurde, tritt die Musik nun etwas in den Hintergrund und wird eher als dramaturgisches Mittel eingesetzt. Ein essenzielles Merkmal des Nature Theater of Oklahoma ist es eben, dass es ständig nach neuen Ausdrucksformen sucht. Dass es im Fall von "Life and Times" dabei mit dem Burgtheater zusammenarbeiten kann, empfindet Pavol Liska als Glücksfall und Herausforderung. Man habe etwas machen wollen, das eigentlich zu groß für so eine kleine Theatergruppe sei, so der Mastermind des Nature Theatre of Oklahoma.
Ob auch die Episoden fünf bis zehn mit dem Burgtheater produziert werden? Das, meint Liska mit einem Augenzwinkern, sei noch Gegenstand von Verhandlungen.
Service
Ö1 Club-Mitglieder bekommen im Kasino am Schwarzenbergplatz ermäßigten Eintritt (zehn Prozent).
Burgtheater - Life and Times
Nature Theatre of Oklahoma