Missbrauchsopfer fordert 200.000 Euro

Erste Schmerzensgeldklage gegen Kloster

Seit der Welle an Missbrauchsvorwürfen vor zwei Jahren war viel von Schmerzensgeldklagen gegen die katholische Kirche die Rede. Die meisten Opfer haben sich aber mittlerweile an die Klasnic-Kommission gewandt. Ein Betroffener hat jetzt aber tatsächlich Schmerzensgeld einklagt: ein ehemaliger Internatsschüler im Vorarlberger Stift Mehrerau.

Morgenjournal, 26.01.2012

Aus einer zunächst geplante Sammelklage mehrerer Opfer ist nichts geworden, weil sie sich die Klage nicht leisten konnten. Außerdem haben sich die meisten Opfer an die von Kardinal Schönborn initiierte Klasnic-Kommission gewandt. Erst jetzt wird erstmals bekannt, dass ein Betroffener tatsächlich Schmerzensgeld einklagt. Es handelt sich um einen ehemaligen Internatsschüler im Vorarlberger Stift Mehrerau, er fordert von den Zisterziensern 200.000 Euro.

Anwalt: Kloster hat Mitverantwortung

Mit 14 Jahren und dann über drei Jahre hinweg, sei er immer wieder von einem Pater und Lehrer an der Internatsschule Mehrerau vergewaltigt worden, schreibt der Kläger in seiner Klage. Von einem Pater, der kurz davor, nämlich 1967 wegen sexuellen Missbrauchs an einem 13-Jährigen rechtskräftig verurteilt worden sein soll - so ein Bericht der Vorarlberger Nachrichten im Jahr 2009.

Jedenfalls treffe das Kloster eine Mitverantwortung, sagt der Vorarlberger Rechtsanwalt Sanjay Doshi, denn der Täter sei beim Kloster beschäftigt gewesen.

Schmerzensgeld und Verdienstentgang

Die Folgen des Missbrauchs laut dem Anwalt: Der heute 57-jährige Kläger habe mit 16 die Schule abgebrochen, nicht maturieren können, der Missbrauch habe sein Selbstvertrauen, sein Leben zerstört, mehrere Ehen und Beziehungen seien gescheitert.

150.000 Euro Schmerzensgeld plus 50.000 Euro Verdienstentgang lautet die Forderung. Sie bezieht sich auf mehr als 30 Jahre zurückliegende Vorfälle. Aber das Zisterzienserkloster sollte darauf verzichten, dass die Verjährung zum Tragen kommt und sich auf die gerichtliche Prüfung einlassen, meint Anwalt Doshi: der neue Abt habe erklärt, dass das Kloster den Opern beistehen möchte und Wiedergutmachung leisten werde.

Außerdem argumentiert der Anwalt, dass die Verjährung nicht tragend wird. Denn seinem Mandanten sei erst beim Bekanntwerden der anderen Missbrauchsfälle die Tragweite der damaligen Ereignisse bewusst geworden.

Kloster sieht sich nicht in Haftung

Der Pressesprecher des Klosters Mehrerau Harald Schiffl sagt zu den Vorwürfen: das was dem Opfer getan wurde, wurde getan, das sei nie eine Diskussion gewesen. Aber der Sprecher bezweifelt, ob das Kloster als Organisation haftet für die Handlung eines Einzelnen. Er kann und will noch nicht sagen, ob man sich auf Verjährung berufen wird und bedauert zugleich, dass sich der 57-Jährige nicht an die Klasnic-Kommission gewandt hat. Die Opferschutzkommission sei extra für solche Fälle eingerichtet worden.

Doch der Kläger selbst bezeichnet die Klasnic- Kommission als kirchliche Dienststelle zur Almosenverteilung. Wenn er die Klage verliert, könnte ihn das rund 15.000 Euro kosten. Doch der 57-Jährige sei mittellos, man könne ihm also nichts mehr nehmen, meint sein Anwalt. Übrigens: Der etwa 75 Jahre alte Pater, gegen den es 1982 und 2009 auch Vorwürfe anderer ehemaliger Internatsschüler gab, ist suspendiert und lebt nicht mehr im Kloster Mehrerau.

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