Auch Euroländer müssen Haare lassen

Schuldennachlass Privater reicht nicht

Für die Rettung Griechenlands sind nach Meinung von EU-Finanzkommissar Olli Rehn weitere öffentliche Gelder erforderlich. Für eine Senkung der Schuldenlast wird der Schuldennachlass ("Haircut") privater Gläubiger nicht reichen, so Rehn. In Griechenland selbst machen inzwischen neu bekannt gewordene detaillierte Sparforderungen der internationalen Geldgeber Schlagzeilen.

Mittagsjournal, 27.1.2012

Noch mehr Einschnitte

Die sogenannte Troika der Finanzexperten von Internationalem Währungsfonds und Europäischer Union hat sich festgelegt: Auf zehn Seiten präzisieren sie die neuen Forderungen der internationalen Geldgeber an Griechenland, die Voraussetzung für den Abschluss eines zweiten großen Sanierungspakets sind. 150.000 Beamte müssen danach bis 2015 entlassen werden. Kürzungen bei den Militärausgaben und im Gesundheitsbereich, neue Immobiliensteuern und Pensionskürzungen werden gefordert. Mehr Konkurrenz in der Privatwirtschaft soll die Löhne flexibler machen, ziemlich unverblümt in die Richtung nach unten.

Druck immer stärker

Die gut informierte Athener Zeitung "Ekathimerini" berichtet von einer schwierigen Diskussion im Kabinett von Premierminister Lukas Papademos, weil die Minister eine Revolte der Parlamentarier gegen neue Einschnitte befürchten.

Der Druck aus der Europäischen Union auf Athen wird auf jeden Fall stärker. Dass die bisherigen Sanierungsprogramme nicht gegriffen haben, führt man darauf zurück, dass sie zu wenig konsequent umgesetzt wurden, nicht dass sie grundsätzlich falsch wären.

Schuldennachlass auch durch Euroländer?

Eurogruppenchef Jean Claude Juncker verlangt von den griechischen Parteienführern neuerlich ultimativ ein formelles Ja zu der geplanten neuen Reformvereinbarung. Dass Griechenland im Endeffekt den Euro verlassen muss, glaubt Juncker nicht. Aber seiner Meinung nach wird es Finanzhilfen länger geben müssen als bisher angenommen. Möglicherweise werden nicht nur private Banken und Fonds Schulden nachlassen müssen, sondern auch die Europäische Zentralbank und die Eurostaaten, so Juncker.

Auch EU-Finanzkommissar Ollie Rehn warnt, die Lage habe sich verschlimmert. Die bisher geplanten Finanzzuschüsse für Griechenland würden nicht ausreichen, so Ollie Rehn beim Weltwährungsforum in Davos. Ein höherer Bedarf an öffentlicher Finanzierung sei "wahrscheinlich, aber nichts Dramatisches", so Rehn.

Tauziehen bis März

In Athen gehen die Verhandlungen zwischen den Vertretern der privaten Banken mit der griechischen Regierung über den sogenannten freiwilligen Schuldenschnitt weiter. Der Schuldennachlass soll nach dem Wunsch der Europäischen Union parallel zu dem neuen Sanierungspaket von 130 Milliarden Euro erfolgen, das Griechenland bis 2020 wieder auf eigene Füße stellen soll.

Am kommenden Montag treffen sich die Staats- und Regierungschefs in Brüssel zum nächsten EU-Gipfel. Da könnte es verschiedene Weichenstellungen geben. Mit einem raschen Ende des Tauziehens um die griechischen Finanzen ist aber nicht zu rechnen: Allerletzte Deadline, um einen formellen Bankrott zu vermeiden, ist der 20.März, an dem Athen 14 Milliarden Euro zurückzahlen muss, die in den griechischen Staatskassen aber fehlen.

Mehr

ORF.at