Vor weiterem Schuldenschnitt

Athen versinkt in Schulden

Für Eurogruppen-Chef Jean Claude Juncker und EU-Währungskommissar Olli Rehn ist vorstellbar, dass nicht nur Banken und Versicherungen, sondern auch Eurostaaten und Europäische Zentralbank auf einen Teil ihrer Forderungen gegenüber Griechenland verzichten - für den Steuerzahler könnte das nichts Gutes bedeuten. Die griechischen Schulden jedenfalls sind enorm.

Mittagsjournal, 27.01.2012

350 Milliarden Schulden insgesamt

Griechenland sitzt auf einem Schuldenberg von insgesamt 350 Milliarden Euro - woraus setzen sich diese Schulden zusammen?

Rund 90 Milliarden Euro der griechischen Schulden entfallen auf Kredite. 20 Milliarden Euro von diesen Krediten kommen vom Internationalen Währungsfonds, mehr als 50 Milliarden von den Eurostaaten, knapp 20 Milliarden von anderen Investoren.

Bleiben 260 Milliarden Euro an griechischer Staatsschuld, auf diesen Betrag summieren sich die Staatsanleihen. Davon hat die Europäische Zentralbank rund 55 Milliarden Euro gekauft. Den Löwenanteil der Anleihen, etwa 200 Milliarden Euro schuldet Griechenland privaten Gläubigern, also etwa Banken, Versicherungen und Hedgefonds.

Wiens Kreditrahmen: 2,3 Milliarden

Wie viel Geld hat Griechenland bis dato von Österreich bekommen?

Laut Auskunft des Finanzministeriums sind bisher 1,5 Milliarden Euro von Wien nach Athen geflossen, die Zinsen dafür wurden laut Finanzministerium von Griechenland stets bezahlt. Der maximale Kreditrahmen Österreichs für Griechenland liegt bei 2,3 Milliarden Euro.

Gespräche über Schuldennachlass

Worüber wird derzeit verhandelt?

Griechenland verhandelt mit privaten Gläubigern, also internationalen Banken, Versicherungen und Hedgefonds, über einen Schuldenschnitt, also einen teilweisen Nachlass der Schulden. Ziel ist, dass die Privatgläubiger auf mindestens die Hälfte ihrer Forderungen verzichten, also auf rund 100 Milliarden Euro. Dadurch soll die Schuldenlast Griechenlands von derzeit 160 Prozent auf 120 Prozent der Wirtschaftsleistung gedrückt werden, und zwar bis zum Jahr 2020. Aber die Verhandlungen mit den privaten Gläubigern gestalten sich schon seit Wochen als zäh, da die nichtstaatlichen Investoren auf möglichst wenig Geld verzichten wollen.

EU-Staaten müssen vielleicht einspringen

Wie Eurogruppenchef Jean Claude Juncker und Währungskommissar Olli Rehn andeuten, reicht dieser Schuldenschnitt der privaten Gläubiger möglicherweise nicht aus, und es könnten auch die öffentlichen Geldgeber, also Staaten, auf Forderungen verzichten müssen. Was würde das bedeuten?

Juncker und Rehn haben keine Angaben zum Ausmaß eines solchen möglichen Schuldenschnitts gemacht, aber im Grunde geht es dabei offenbar um zwei Bereiche. Erstens um die 53 Milliarden Euro, die Griechenland den anderen Eurostaaten schuldet, und zweitens um die 55 Milliarden Euro an Anleihen, die die EZB hält. Wie gesagt, es ist unklar, wie viel Geld die Eurostaaten in diesem Fall verlieren würden, verzichtet die EZB auf Forderungen, müssten möglicherweise die Notenbanken der einzelnen Eurostaaten einspringen, denn in ihrem Eigentum steht ja die EZB. In der Gleichung stehen momentan also viele Unbekannte. Unterm Strich ist aber fix: Gelingt es der Eurozone nicht, die griechische Schuldenlast zu drücken, muss das Land offiziell die Staatspleite anmelden.