Europäischer Protesttag an Theatern
Görgy Dörner tritt sein Amt an
Ab 1. Februar 2012 ist er offiziell im Amt: Görgy Dörner übernimmt die Leitung des Budapester "Neuen Theaters". Der oft für seine rechtsradikalen Ansichten kritisierte Dörner übernimmt allerdings vorerst ein leeres Haus, denn das Ensemble des Theaters ist auf Tournee.
8. April 2017, 21:58
Kulturjournal, 01.02.2012
Der bisherige langjährige Direktor des Hauses Istvan Marta, der das "Neue Theater" 13 Jahre erfolgreich geleitet hat und der trotz Meinung des zuständigen Fachausschusses aus dem Amt gedrängt wurde, übergab Dörner heute den Schlüssel und erinnerte daran, dass Theater in ganz Europa, auch in Österreich, am 1. Februar 2012 gegen die ungarische Kulturpolitik und die Übernahme des "Neuen Theaters" durch Dörner mit dem "1. Europäischen Theatertag für Toleranz" protestieren.
Der Budapester Bürgermeister Istvan Tarlos hatte mit seiner Ein-Mann-Entscheidung, der Ernennung von Dörner zum Direktor und des bekannten Rechtsextremisten Istvan Csurka zum Intendanten, einen Sturm der Entrüstung im In- und Ausland ausgelöst. Während die Ernennung von Csurka später zurückgezogen wurde, hielt Tarlos an der Ernennung von Dörner fest, trotz massivem Protest von Künstlern im In- und Ausland.
Service
Uj Shinhaz - Neues Theater Budapest
Protestbrief an EU-Abgeordnete
Auch der Dirigent und frühere Generalmusikdirektor der ungarischen Staatsoper, Adam Fischer, hat die europäischen Christdemokraten aufgefordert, Druck auf die rechtskonservative Regierungspartei Fidesz auszuüben, um Rassismus in Ungarn zu bekämpfen. In einem Brief an die EU-Abgeordneten der Europäischen Volkspartei schrieb Fischer, dass "Fidesz leider durch antisemitisches Gedankengut in Ungarn bereits kontaminiert" sei. Fischer fordert weiter eine Untersuchung der Umstände der Ernennung der Theaterleitung des Budapester "Neuen Theaters". Die Zusammenarbeit von Fidesz mit rassistisch-antisemitischen Gruppen sei anscheinend viel enger, als bisher in der Öffentlichkeit bekannt gewesen sei.
György Dörner tritt also allen Protesten zum Trotz sein Amt als Intendant des "Neuen Theaters" Budapest an. Es wird dagegen Proteste geben. Regierungsgegner wollen vor dem schönen Jugendstil-Gebäude, das ausgerechnet in der Nähe eines jüdischen Viertels in Budapest liegt, demonstrieren. Es wollen aber auch rechtsradikale Sympathisanten anrücken.
Europäischer Theatertag für Toleranz
Eine internationale Aktion gegen Dörners Ernennung hat von Wien ihren Ausgang genommen. Der Wiener Regisseur Markus Kupferblum hat mit dem deutschen Bühnenjournalisten C. Bernd Sucher und zahlreichen Kolleg/innen einen "Europäischen Theatertag für Toleranz" ausgerufen. An zahlreichen Theatern in ganz Europa, darunter am Burg- und am Akademietheater, wird vor der Vorstellung ein kurzes Memorandum vorgetragen.
Darin heißt es unter anderem, Dörner "publiziert antisemitische, antiziganistische und rassistische Hetzschriften und leitet ab heute ein subventioniertes Theater einer europäischen Hauptstadt. Das ist ein Tabubruch."
Kulturjournal, 01.02.2012
Gespräch mit Markus Kupferblum