Experte kritisiert Regierungskommunikation
Koalition: "Misstrauen und Stellungskrieg"
Die Regierungsverhandlungen um das Budget-Konsolidierungspaket gehen angeblich in die Endrunde - nicht ohne "Nebengeräusche", also Wortmeldungen, die geeignet sind, den Verhandlungspartner zu verärgern und den Verhandlungserfolg in Frage zu stellen. Der Kommunikationsexperte Thomas Hofer rät der Regierung statt dessen, möglichst geschlossen aufzutreten.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 7.2.2012
Der Kommunikationsexperte Thomas Hofer im Gespräch mit Wolfgang Werth
"Misstrauen regiert"
Es waren doch überraschende Wortmeldungen: Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) verkündete eine - von der SPÖ heftig dementierte - Einigung im Pensionsbereich. Und Arbeiterkammerdirektor Werner Muhm forderte einen höheren Spitzensteuersatz, was - vorhersehbar - ein rotes Tuch für die ÖVP bedeutet. Diese Botschaften seien an die Klientel der eigenen Partei gerichtet, erläutert Kommunikationsexperte Hofer im Ö1 Interview. Damit werde der "Schwarze Peter" für ein unangenehmes Verhandlungsergebnis dem Koalitionspartner zugeschoben. Man merke, dass es um die Koalition schon seit längerem nicht gut bestellt sei, so Hofer: "Das Misstrauen regiert." Man misstraue dem anderen, dass das Paktierte tatsächlich geheim bleibt.
Auf "Gesamtverkauf" achten
Bei den Wählern komme das aber weniger gut an, und das sei auch der Fehler, so Hofer, dass nämlich nicht auf den "Gesamtverkauf" geachtet werde. Im Gegensatz zur Steiermark, wo die Landesregierung ihr Sparpaket gemeinsam verkauft habe, ergehe sich die Bundesregierung in einem "Stellungskrieg". Das lasse auch für die Wochen nach der Verkündigung des Sparpaktes "nichts Gutes erwarten für die Regierung", so Hofer.
Versäumnisse in der Kommunikation
Die Opposition habe für ihre Kritik jedenfalls ein großes Einfallstor, vor allem die FPÖ: Sie könne argumentieren, dass wegen der Griechen gespart werden müsse, so Hofer: "Und das ist keine Argumentationsgrundlage für die innerösterreichische Spardebatte". Die Koalition müsse dem mit Geschlossenheit entgegentreten und klarmachen, dass es auch österreichinterne Spargründe gebe. Um diese breite Akzeptanz herzustellen, sei bisher an Kommunikation einiges versäumt worden.
Expertenratschlag
Der Experte rät den Koalitionspartner, in den letzten Tagen der Sparverhandlungen: "Ruhe bewahren, nicht den Partner reizen, das Paket hinter verschlossenen Türen schnüren und tatsächlich gemeinsam an die Öffentlichkeit treten".