Experten fordern Begleitmaßnahmen

Später in Pension - mehr Arbeitslose

Für Experten als auch Regierung ist unbestritten, dass die Menschen in Österreich künftig später in Pension gehen müssen, um die Staatsfinanzen im Griff zu behalten. Aber gibt es für ältere Beschäftigte überhaupt genug Jobs? Oder bedeutet ein höheres Pensionsantrittsalter zugleich auch eine höhere Arbeitslosenrate? Arbeitsmarktexperten meinen, dass genau das passieren könnte.

Mittagsjournal, 8.2.2012

Bestehende Probleme werden nur verschärft

Die jetzige Diskussion kreise nur um die Frage, dass das Pensionsantrittsalter angehoben werden müsse, was das aber konkret für die Betroffenen und Betriebe bedeutet, darum gehe es gar nicht, kritisiert Manfred Krenn, Arbeitssoziologe bei der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeit (FORBA). Von politischer Seite würden Fakten geschaffen, die die Bedingungen in den Unternehmen aber nicht berücksichtigten, so Krenn. Die Arbeitswelt habe sich in den vergangen zwanzig, dreißig Jahren drastisch verändert. Der Druck auf jede und jeden einzelnen sei gestiegen, was zähle sei der kurzfristige Blick auf die nächste Bilanz und nicht Erfahrung und Kontinuität, so Krenn. Die Hinaufsetzung des Pensionsantrittsalters, ohne sich mit diesen veränderten Bedingungen auseinanderzusetzen, könne bestehende Probleme noch verschärfen. Denn genau jene, die jetzt schon unter ungünstigen Bedingungen arbeiten müssten, seien auch jene, die eher daran denken, früher in Pension zu gehen, "einfach, weil sie es nicht mehr aushalten im Job aufgrund der Belastungen".

"Arbeitsmarkt nicht vorbereitet"

Und deshalb könnte eine Anhebung des Pensionsalters vor allem auch bedeuten, dass die Altersarbeitslosigkeit steigt. Das fürchtet auch die Unternehmensberaterin Susanne Oberleitner-Fulmek. Sie ist auf die Integration älterer Arbeitnehmer in Betrieben spezialisiert, und auch sie sagt, dass der heimische Arbeitsmarkt auf eine steigende Anzahl älterer Beschäftigter nicht ausreichend vorbereitet sei. Schließlich sei die Politik als auch das Verhalten der Betriebe in den letzten Jahren darauf ausgerichtet gewesen, "die älteren Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen möglichst bald anzubringen - aus verschiedensten Grünen, sei es, weil sie zu teuer waren, sei es, weil die Jungen auch einen Platz gebraucht haben." Und das müsste sich schleunigst ändern, sagt die Expertin.

Arbeitsplätze anpassen

Die Unternehmen müssten sich kulturell und strukturell so ändern, das die Arbeitsplätze allen Altersstufen gemäß angepasst werden. So sollte etwa schwere körperliche Arbeit mit steigendem Alter sukzessive durch Ausbildungstätigkeit, Planung oder Qualitätssicherung ersetzt werden, so Oberleitner-Fulmek. Dafür sei aber weitsichtiges Denken in den Unternehmen nötig, und die Politik müsste die Voraussetzungen für die Beschäftigung Älterer schaffen - etwa durch neue Arbeitszeitmodelle, die im Gegensatz zu bisher zu einem echten Ausgleiten aus dem Berufsleben führen, und durch spezielle Förderungen. Denn im Moment gebe es null Förderungen für den Verbleib älterer Mitarbeiter. "Es müsste gefördert werden, wenn ältere Mitarbeiter eingestellt werden", wie etwa Steuererleichterungen, sagt Oberleitner-Fulmek. "DEas kostet uns in Summe weniger als die Ausgaben für die Pensionen".

Neue Arbeitszeitmodelle

Auch Arbeitssoziologe Manfred Krenn fordert ein komplettes Umdenken in Unternehmen und Politik. So könnte man sich etwa überlegen, die Arbeitszeit im Alter zu verkürzen. Wer also länger als bis 60 arbeitet, hätte demnach nur mehr eine Vier-Tage-Woche, mit 63 nur mehr eine Drei-Tage-Woche etc. Wichtig sei jedenfalls, die Diskussion darüber, wie ältere wirklich länger beschäftigt werden können, jetzt endlich offensiv zu beginnen, so Krenn.

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