Experten bezweifeln Sinnhaftigkeit
Sparen auch bei ÖBB-Projekten
Inhalt des Sparpakets ist auch eine Aufschiebung von Infrastrukturprojekten bei den ÖBB: Tunnelprojekte vom Brenner über Koralm bis Semmering sollen zwar gebaut werden, aber später oder langsamer. Das Sparpotenzial von 900 Millionen Euro bezweifeln Experten allerdings.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 15.02.2012
Projekte aufschieben
10,8 Milliarden Euro hätten die ÖBB in den kommenden vier Jahren in Infrastrukturprojekte investiert. Doch die Regierung steigt auf die Kostennotbremse: Allein heuer sollen für Bauvorhaben der ÖBB knapp 50 Millionen Euro weniger ausgegeben werden als ursprünglich geplant. Von 2013 bis 2016 sollen dann 250 Millionen Euro jährlich eingespart werden.
ÖBB-Chef Christian Kern sagt, es gebe eine Liste von kleinen Projekten, aber auch um große Tunnelprojekte, die entweder später oder abgespeckt gebaut werden sollen.
Kosten werden nicht geringer
Das größte Einsparungspotential ortet die Regierung beim Brenner-Basis-Tunnel, beim Semmering-Tunnel und beim Koralm-Tunnel - und zwar durch technische Nachjustierungen und das Verschieben von kostenintensiven Bauphasen.
Dass die Regierung die Kosten damit nur nach hinten verschiebt, nicht aber aus der Welt schafft, bestreitet Kern nicht. Dass man sich damit quasi selbst in die Tasche lügt, will der ÖBB-Chef so aber nicht stehen lassen: der kritische Sanierungspfad liege in den nächsten fünf Jahren.
Maßnahme wird teurer
Für Sebastian Kummer, Infrastrukturexperte an der Wirtschaftsuniversität Wien, haben die Verschiebungen keinen Sinn. Die Projekte würden damit teurer, wenn man länger baue.
Und Kummer stellt sich die Frage, ob die ÖBB in der Vergangenheit zu teuer geplant und gebaut haben. ÖBB-Chef Kern will das gar nicht leugnen, er verweist aber darauf, dass neue Erkenntnisse im Tunnelbau die Kosten deutlich reduzieren würden.
Große Schnitte nicht geplant
Um echte Einsparungen zu lukrieren, müsste die Regierung eines der großen Tunnelbauprojekte streichen, so Infrastrukturexperte Kummer. Der Er schlägt einen Baustopp beim Brenner-Basistunnel vor. Dass sich die Regierung dazu nicht durchringen konnte, liegt für Kummer an politischer Taktiererei: im nächsten Jahr gebe es Wahlen in Tirol, dort würde die ÖVP befürchten zu verlieren, wenn man auf das Projekt verzichte.
ÖBB-Chef Kern sieht das nicht so: es gebe immerhin völkerrechtliche Verpflichtungen mit Italien und Gelder von der EU bekommen.
Von den Sparplänen der ÖBB sind aber nicht nur einst feierlich verkündete Prestigeprojekte betroffen. Auch kleinere Projekte - wie etwa der Terminal Inzersdorf - liegen auf Eis. Für den Infrastrukturexperten ist das Sparen am falschen Platz, für den ÖBB-Chef das Setzen von Prioritäten.