Erste Gespräche mit London

Schottland drängt auf Unabhängigkeit

Großbritannien könnte in zwei Jahren das „Groß“ abhandenkommen und zu einem einfachen Britannien schrumpfen. Die Nationalisten in Schottland wollen einen eigenen Staat gründen und die mehr als 300 Jahre alte Union mit den Engländern verlassen.

Die Schotten sollen in einer Volksabstimmung 2014 über ihre Zukunft entscheiden. Jetzt geht es ans Eingemachte, sowohl Befürworter als auch Gegner eines eigenständigen schottischen Staates rüsten sich für einen langen intensiven Kampf um Wählerstimmen. Der britische Premierminister David Cameron, ein glühender Anhänger der Union, war gestern in Schottland zu ersten Verhandlungen mit dem schottischen Ministerpräsidenten Alex Salmond. Es geht darum, wie und wann diese Volksabstimmung abgehalten werden soll. Von einer Einigung ist man noch weit entfernt.

Mittagsjournal, 17.2.2012

Aus Edinburgh,

Kein Traum mehr

Die Dudelsack Spieler vor dem Edinburgh Castle wechseln sich im Schichtbetrieb ab, die Geschäfte entlang der Royal Mile bieten Schottenröcke oder Whiskey oder gleich beides an, short bread, schottische Butterkekse und das weiße Andreaskreuz auf blauem Grund, die Flagge Schottlands gehören ebenso zur Pflichtausstattung. Die Schotten sind ein stolzes, eigenwilliges Volk, der Kampf gegen englische Besatzer ist tief im historischen Bewusstsein verankert.

Seit die Nationalisten ist Alleinregierung in Edinburgh stellen, ist Unabhängigkeit kein Traum sondern eine realistische Option, sie löst im Volk eine emotionale Debatte aus. Manche glauben, Schottland wäre als eigener Staat besser dran, sie geben sich mutig, Schotten müssten die Unabhängigkeit nicht fürchten. Aber die Hauptfrage ist für Viele, ob Schottland ohne Steuergeld aus London überleben könnte, es herrscht große Skepsis.

Unabhängig, aber mit Queen

Noch mehr sind unentschlossen oder hätten einfach gerne mehr Selbstverwaltungsrechte ohne die Union mit den Engländern zu verlassen.
Wenn der charismatische schottische Regierungschef Alex Salmond seine Karten richtig ausspielt, könnte er die Volksabstimmung gewinnen, sagt John Curtice, Professor für Politikwissenschaft an der Strathclyde Universität in Glasgow:

„Etwa 44 Prozent könnten sich einen unabhängigen Staat vorstellen und würden in einer Volksabstimmung mit ja stimmen, das ist nicht die Mehrheit, aber auch nicht soweit von 50 Prozent weg, die Nationalisten könnten mit einem gut geführten Wahlkampf durchaus die nötigen Stimmen bekommen“.

Den Nationalisten schwebt ein unabhängiges Schottland nach dem Vorbilds Norwegens oder Dänemarks vor, die Queen könnte weiterhin Staatsoberhaupt bleiben, das Leben der Schotten würde sich nicht gravierend ändern, nur London hätte nichts mehr zu sagen, sagt Angus Robertson, der Fraktionschef der Schottischen Nationalpartei in Westminster.

Neuverhandlung mit EU?

Die Gegner der Abspaltungspläne hingegen sprechen von einer langen Phase der Ungewissheit, sollte Schottland unabhängig werden, denn alles müsste neu verhandelt werden, unter anderem die EU Mitgliedschaft, das schadet der Wirtschaft sagt Patricia Ferguson von der schottischen Labour Partei:

„Wenn Schottland als eigenständiger Staat EU-Mitglied sein will, müsste ein Beitritt neu verhandelt werden. Das bedeutet aber auch, dass Schottland der Einheitswährung Euro beitreten müsste. Es ist also sehr viel Ungewissheit da.“
Schottland hat in seiner Geschichte schon viele blutige Kriege erlebt. Dieses Mal wird mit Worten gekämpft, sowohl Gegner als auch Befürworter stellen sich auf eine lange Auseinandersetzung ein. Braveheart im 21. Jahrhundert.