Merkel gibt nach
Gauck soll neuer deutscher Präsident werden
Joachim Gauck (72) wird Nachfolger von Christian Wulff als neuer Bundespräsident. Der Parteilose war schon 2010 ins Rennen um das Präsidentenamt gegangen, damals aber noch am Widerstand von Kanzlerin Merkel gescheitert. Jetzt hat Merkel nach heftigen Diskussionen mit dem Koalitionspartner FDP ihren Widerstand gegen Gauck aufgegeben.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 20.2.2012
Krise beendet
Die deutsche Bundeskanzlerin hat Gauck als gemeinsamen Kandidaten der Unionsparteien, der FDP, SPD und der Grünen als Bundespräsident nominiert. Bei "aller Verschiedenheit" mit Gauck sei er der beste Kandidat für das Amt, sagte die deutsche Kanzlerin bei einer Pressekonferenz mit Gauck und den Chefs der anderen nominierenden Parteien am Abend in Berlin. Mit ihrem Einlenken wendete Merkel den einen drohenden Bruch der Koalition ab. Die FDP hatte überraschend Gauck unterstützt und das schwarz-gelbe Bündnis zeitweise in eine schwere Krise gestürzt.
"Überwältigt und verwirrt"
Merkel bezeichnete den früheren DDR-Bürgerrechtler als "wahren Demokratielehrer", der wichtige Impulse für Globalisierung, die Lösung der Schuldenkrise und mehr Demokratie geben könne. Der sichtlich bewegte Gauck kündigte an, er wolle den Deutschen vermitteln, dass sie "in einem guten Land leben, das sie lieben können". Gauck war in Umfragen klarer Favorit der Bürger. Rund jeder Zweite hält ihn für geeignet. Gauck sagte auf der Pressekonferenz, er sei kein "Supermann" und müsse sich die Vorschusslorbeeren erst verdienen. Er sei "überwältigt und verwirrt."
FDP setzte sich durch
Zuvor stand die Koalition - mitten in der Euro-Schuldenkrise - am Rande eines Scheiterns. Merkel machte bis zum Abend innerhalb der Unionsspitze deutlich, dass sie Gauck, der 2010 gegen den am Freitag zurückgetretenen Wulff erst im dritten Wahlgang verloren hatte, nicht unterstützen wolle. Merkel hatte 2010 Gauck verhindert und auf Wulff gesetzt. Die FDP-Spitze hielt aber an Gauck fest. Damit hätte die Union in der Bundesversammlung, die den Präsidenten wählt, keinen eigenen Kandidaten durchbringen können.
Nachfolge für Wulff
Bundespräsident Wulff war am Freitag nach nur 20 Monaten Amtszeit zurückgetreten. Die Staatsanwaltschaft Hannover leitete am Wochenende gegen ihn ein Ermittlungsverfahren ein. Der frühere niedersächsische Ministerpräsident steht im Verdacht, Vergünstigungen von befreundeten Unternehmern angenommen zu haben. In der Bundesversammlung hat Schwarz-Gelb nur eine hauchdünne Mehrheit. Die Bundesversammlung muss bis zum 18. März ein neues Staatsoberhaupt wählen. (APA, Red.)
Folgen und Erwartungen
Was ist vom designierten deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck zu erwarten? Und was bedeutet seine Kür für die schwarz-gelbe Koalition in Berlin?
Morgenjournal, 20.2.2012
Berlin-Korrespondent Johannes Marlovits im Gespräch mit Andrea Maiwald