Kein "Protektorat Europas"

Markaris: "Grenzen" der EU-Hilfe

Die Europäer müssten verstehen, dass die Sanierung Griechenlands Zeit brauche. Das sagt der griechische Volkswirt und Krimiautor Petros Markaris im Ö1 Interview. Den Überlegungen, Griechenland einen eigenen Kommissar zur Seite zu stellen, steht er heftig ablehnend gegenüber.

Mittagsjournal, 1.3.2012

Mit Petros Markaris hat Elisabeth Manas gesprochen.

Politisch ungewisse Zukunft

Das Einfachste wäre, Griechenland würde untergehen, meint Markaris zynisch. Damit wäre das Problem gelöst, auch das der EU. Familienclans hätten das Land bis vor einigen Monaten schlecht regiert, die seien jetzt weg. Aber die Sanierung brauche Zeit, die Griechen müssten einerseits dafür hart arbeiten, andererseits dürften die Europäer nicht die Illusion haben, dass das von heute auf morgen geht. Die aktuelle politische Landschaft in Griechenland sei total unübersichtlich, jeden Tag kämen neue Parteien hinzu. Ob eine da eine regierungsfähige Mehrheit zustande kommen könne, wisse man nicht.

"Protektorat Europas"?

Was wäre nach Ansicht von Markaris die richtige Hilfe für Griechenland? Jedenfalls nicht, dass man deutsche Steuerbeamte schickt - "Um Gottes Willen!", ruft Markaris aus. "Was sollen die hier?" Die würden im schlimmste Fall von ihren griechischen Kollegen an der Nase geführt. Ablehnend steht er auch der Idee gegenüber, einen "Aufbau-Kommissar" nach Griechenland zu entsenden. "Es gibt Grenzen", so Markaris. Die neue Regierung werde sich fragen müssen, wie viel Souveränität sie abgeben und "aus Griechenland ein Protektorat Europas machen" will. Grundsätzlich steht der Schriftsteller der aktuellen EU sehr skeptisch gegenüber: "Wenn die Krise vorbei ist, werden Sie sehen, dass einander zwei verfeindete Lager gegenüber stehen - der Süden und der Norden. Das ist nicht mein Europa."

Aktueller Krimi

Petros Markaris ist derzeit auf Besuch in Wien, wo er auch studiert hat. Seine Bücher mit dem eigenwilligen Kommissar Kostas Charitos sind europaweit bekannt. "Faule Kredite" heißt der jüngste Krimi von Petros Markaris - mit aktueller Rahmenhandlung: Markaris schildert die Auswirkungen der Krise.

Buchtipp

Petros Markaris, Faule Kredite, Ein Fall für Kostas Charitos, Diogenes, ISBN: 9783257067934