"Tolerierte Missbrauchskonstruktion"
Experte: Grasser nützte Steuerlücke
Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser versichert, er habe für seine Einkünfte in vier Jahren bis 2010 mehr als eine Million an Steuern abgeführt, allerdings in Form von Kapitalertrags- und Körperschaftssteuer. Laut dem Steuerrechtsexperten Walter Doralt nützt Grasser damit eine bekannte Steuerlücke.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 2.3.2012
Firma zwischengeschaltet
Grasser habe für seiner Steuerleistung eine Konstruktion gewählt, die das Finanzministerium lange Zeit bis vor zwei Jahren toleriert habe, sagt der Steuerrechtsexperten Doralt. "Es handelt sich um eine Steuervermeidung." Und so funktioniert diese Steuervermeidung: Man lässt sich für eine Beratungsleistung nicht direkt Geld vom Kunden überweisen, sondern schaltet eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung dazwischen. "Aber die Gesellschaft bin ja auch wieder ich. Und bloß durch das Zwischenschalten einer GesmbH kann ich mir eine Steuer von etwa sechs Prozent ersparen." Das deshalb, weil eine GmbH den Gewinn mit 25 Prozent Körperschaftssteuer zu versteuern habe. Für den Ertrag, der dann übrig bleibt, werden dann 25 Prozent Kapitalertragssteuer fällig. Unterm Strich macht das eine Gesamtsteuerbelastung von knapp 44 Prozent - im Vergleich zum Spitzensteuersatz der Einkommenssteuer von 50 Prozent. Die Differenz von sechs Prozent sei bei Millionenbeträgen "kein Pappenstiel", so Doralt.
"Geduldete Missbrauchskonstruktion"
Die von Grasser gewählte Konstruktion, ihm persönlich zuzurechnende Beträge über eine GmbH zu versteuern, bewertet Doralt als "langjährige, vom Finanzministerium geduldete Missbrauchskonstruktion". Es würden aber viele Bürger versuchen, die Grenzen des Steuerrechts auszureizen. Das Finanzministerium sollte darauf achten, dass es zu solchen Steuerlücken nicht kommt, so Doralt: "Aber wie man an diesem Beispiel sieht, ist das Finanzministerium leider nicht immer in einer Situation, wo es das macht, was es tun sollte."
Grasser habe offenbar auch erheblichen Berateraufwand betrieben, sagt Doralt, "und da stellt sich unter dem Strich immer die Frage, ob sich das auszahlt gegenüber der ersparten Steuer. Aber die Leute werden schon wissen, was sie tun."
Grasser Anwalt Manfred Ainedter betont auch heute wieder, dass sein Mandant über seine Firma über eine Million Euro an Körperschafts- und Kapitalertragssteuern gezahlt hat. Details will Ainedter nicht nennen, Grasser sei nicht bereit, seine Steuererklärung öffentlich zu machen.