Wird Österreich das neue Ungarn?

Berufsgeheimnis: Journalisten protestieren

Das Justizministerium will an der geplanten Änderung bei der Strafprozessordnung festhalten. Doch Journalistenvertreter steigen auf die Barrikaden. Der oberste Journalistengewerkschafter Franz Bauer spricht von "Zensur" und zieht Parallelen zu Ungarn. Und der Präsident des Journalistenclubs, Fred Turnheim, sieht die Pressefreiheit in Gefahr.

Mittagsjournal, 9.3.2012

Stefan Kappacher

Bauer: "Vergleich mit Ungarn zulässig"

Justizministerin Beatrix Karl hat ein Einlenken bei den geplanten Einschränkungen von Widerspruchsmöglichkeiten nach der Beschlagnahmung von Datenmaterial angekündigt. Doch für den Vorsitzenden der Journalistengewerkschaft, Franz Bauer, ist entscheidend, dass Staatsanwälte und Polizisten Zugriff auf geschützte Informationen aus Redaktionen bekommen könnten.

Er halte es für "unmöglich", dass weisungsgebundene Jusitzbeamte Material von Informanten einsehen könnten, dessen Inhalt möglicherweise das Justizministerium selbst betreffe, so Bauer. Den Vergleich mit Ungarn, wo es unter Ministerpräsident Viktor Orban zu massiven Einschränkungen der Pressefreiheit gekommen ist, hält der Gewerkschafter daher für zulässig.

Hausjell: "Zurück zur alten Regelung"

Es gebe derzeit eine Phase, wo "sehr viele Journalisten in Richtung Politik recherchieren. Mit dieser Gesetzesänderung will man genau das verhindern und praktisch Zensur ausüben. Das ist für uns mehr als verdächtig", so Bauer.

Der Kommunikationswissenschafter Fritz Hausjell hält den Ungarn-Vergleich zwar für übertrieben, sorgt sich aber um den Ruf Österreichs innerhalb der EU. "Ich plädiere stark dafür, die alte Regelung einzuhalten, nach der ein unabhängiger Richter über die Verwertung des Materials entscheidet und nicht die Staatsanwälte", so Hausjell.

Turnheim: "Das Maß ist voll"

Gewerkschafter Bauer rechnet damit, dass die Novelle ohnehin im Parlament zu Fall gebracht werden wird. Die SPÖ ist ja mehr als skeptisch, und Bauer zählt auch auf seine Gewerkschaftskollegen bei den Sozialdemokraten.

Wenn es aber doch zu einem Beschluss kommen sollte, müssten alle Journalistenvertreter an einem Strang ziehen, fordert der Präsident des Österreichischen Journalistenclubs, Fred Turnheim. "Hier geht es um Angriffe auf Grund- und Freiheitsrechte der Demokratie. Die Presseorganisationen müssen gemeinsam auf die Barrikaden steigen."

An der Pressefreiheit in Österreich werde seit Jahren immer wieder gerüttelt, so Turnheim. Jetzt sei das Maß endgültig voll.