Kritikern geht vieles zu langsam

Warten auf Japans Atomausstieg

Ein Jahr ist die Atomkatastrophe von Fukushima bereits her. Den Technikern ist es inzwischen gelungen, den havarierten Atommeiler einigermaßen zu stabilisieren, doch es wird Jahrzehnte dauern ehe man das Kernkraftwerk endgültig abreißen kann. Die Regierung bleibt indes ihr Versprechen schuldig, aus der Atomenergie auszusteigen.

Mittagsjournal, 10.3.2012

Jörg Winter aus Peking

Stresstests "Augenauswischerei"

Von 54 Atomkraftwerken sind derzeit nur zwei am Netz. Und auch sie sollen schon am kommenden Montag vorübergehend heruntergefahren werden. Alle Meiler werden sogenannten Stresstests unterzogen. Doch die seien reine Augenauswischerei - sagen nicht nur Umweltschutzorganisationen. Auch der pensionierter Atomingenieur Shiro Ogura ist skeptisch.

"Die Regierung hat diese Stresstests angeordnet mit dem Ziel, jedem Kraftwerk und jedem Betreiber ein Unbedenklichkeitszeugnis auszustellen, nur um die Atommeiler möglichst rasch wieder in Betrieb zu nehmen." Die Massenmedien würden das Spiel mitspielen und der Bevölkerung mit der Berichterstattung über die Stresstests ein Gefühl vermeintlicher Sicherheit vorgaukeln, kritisiert Ogura.

"Viele Politiker kommen aus Atomindustrie"

Der ehemalige Atomingenieur Ogura hat beim Toshiba-Konzern gearbeitet und war an Bau und Design von fünf Reaktorblöcken im Atomkraftwerk Fukushima beteiligt. Heute ist er ein scharfer Kritiker der Kernkraft und auch von Japans Atomlobby. Die Regierung hatte nach dem Atom-Gau vieles versprochen, sagt er.

Zwar hat das Unglück von Fukushima bei einigen von Japans Politikern ein langsames Umdenken eingeleitet, doch ist das alte System nach wie vor intakt, so Ogura.

"Die Zahl der Politiker, die Kernkraft nicht länger befürworten, nimmt langsam zu." Derzeit seien sie aber noch in der Minderheit. Viele würden zudem selbst aus der Atomindustrie kommen, sagt Ogura.