Kirche läuft Sturm

Wirbel um Camerons Homo-Ehe-Pläne

Die Regierung von Premierminister David Cameron will jetzt Homosexuellen in England und Wales auch die standesamtliche Trauung erlauben. Kirche und Konservative in den eigenen Reihen des Premierministers laufen gegen die Pläne Sturm. Umfragen zeigen, dass auch mehr als die Hälfte der Briten gegen die Öffnung der Ehe für Homosexuelle ist.

Morgenjournal, 16.3.2012

Bettina Madlener berichtet aus London

Kirche fühlt sich übergangen

In Großbritannien ist es gleichgeschlechtlichen Paaren seit sieben Jahren erlaubt, eine Lebenspartnerschaft einzugehen. Sie haben alle Rechte und Pflichten wie Ehepartner und dürfen auch Kinder adoptieren. Doch nun hat es Premierminister David Cameron eilig. Noch vor der nächsten Wahl, also bis in drei Jahren, soll die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare in England und Wales eine reale Option sein. Konservative Hardliner in der eigenen Partei rümpfen die Nase. Dass ausgerechnet die Tories die Homo Ehe einführen, geht für viele zu weit. Die Kirche von England fühlt sich von der Regierung übergangen. Ranghohe anglikanische Glaubenshüter sprechen gar von einer Diktatur. Peter Smith, der Erzbischof von Southwark ruft die Gläubigen auf, Unterschriften für eine Petition gegen die Regierungspläne zu sammeln: "Es heißt, es gehe nur um die gleichgeschlechtlichen Paare, die heiraten wollen. Es geht aber nicht nur um sie, das betrifft die ganze Gesellschaft."

Regierung will "Ehe für alle"

Gleichstellungsministerin Lynne Featherstone von den Liberaldemokraten versteht den Unmut nicht, Kirchen würden durch die Gesetzesänderung ja nicht gezwungen, gleichgeschlechtliche Paare zu trauen. Es gehe lediglich um die zivilrechtliche Schließung der Ehe. Featherstone appelliert an die Kirche von England anzuerkennen, dass man verschiedener Meinung sei: "Wer aus religiösen Gründen überzeugt ist, dass nur Mann und Frau eine Ehe eingehen sollen, kann das auch weiter glauben. Der Staat ist nicht dieser Ansicht. Wir glauben, wenn wir die Ehe anbieten, sollte sie für alle sein, für heterosexuelle und homosexuelle Paare auf der gleichen Basis."

Gegen "Neudefinition" der Ehe

Die Öffnung der Ehe für Homosexuelle habe nichts mit Gleichberechtigung zu tun, sagt Mike Judge von der Aktionsgruppe "Koalition für die Ehe": "Die Paare erhalten alle Rechte einer Ehe und die wirtschaftlichen Vorteile durch eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft. Es geht hier nicht um Rechte, sondern um die Neudefinierung der Ehe. Politiker sollten nicht einfach mit einem Federstrich das Gesetz ändern, vor allem wenn die Öffentlichkeit nicht beteiligt ist."

Die sonst sehr toleranten Briten scheinen der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare skeptisch gegenüberzustehen. Das spiegeln zumindest Umfragen wider. Demnach sind sieben von zehn Befragten gegen die Homo-Ehe, selbst homosexuelle Paare halten die Neudefinierung der Institution Ehe für falsch.