Von Drogenschmuggel bis Parteienfinanzierung

Korruption in Lateinamerika

Ob Drogenschmuggel, illegale Parteifinanzierung oder Bereicherung, laut dem jährlichen Korruptionsindex von Transpareny International liegen die Staaten von Lateinamerika eher im negativen Bereich. Die Mitbegründerin und Vorsitzende von Transparency International in Kolumbien, Rosa Inés Ospina Robleda, kennt die Missstände in den Ländern.

Morgenjournal, 17.3.2012

Hartmut Fiedler, Réka Tercza

Gesetze nicht umgesetzt

Lateinamerika leidet im internationalen Vergleich überdurchschnittlich unter Korruption. Die enge Verflechtung von Wirtschaft und Politik nutzen die Mächtigen zu ihren Gunsten. Doch das Kernproblem liegt nicht an den Gesetzen. Die gibt es. Das Problem ist die Umsetzung, betont die Vorsitzende von Transparency International in Kolumbien, Rosa Inés Ospina Robledo.

Straflosigkeit erkaufen

Ospina Robledo nennt zwei Bereiche, in denen die Korruption seit Jahren steigt. Erstens dort, wo es natürliche Ressourcen wie Erdgas oder Erdöl gibt – und viel Geld auf dem Spiel steht, und zweitens da, wo es um öffentliche Aufträge geht.
Die Medien urteilen oft schnell und streng. Wird ein Skandal aufgedeckt, müssen Köpfe rollen. Doch im Gegensatz zu Europa, wo die Mächtigen in Korruptionsfällen damit rechnen müssen, zur Rechenschaft gezogen zu werden, ist das System in Lateinamerika anders gestrickt. Wer es sich leisten kann, versucht, sich Straflosigkeit zu erkaufen. Und oft gelingt das auch.

Aktueller Skandal in Argentinien

Nur selten landen die, die Macht und Einfluss haben, vor Gericht und im Gefängnis, sagt Ospina Robledo. In Argentinien, das im Korruptionsindex von Transparency International auf dem 100. Platz von 182 Ländern liegt, sorgt derzeit Vize-Präsident Amado Boudou für Schlagzeilen. Er geht um Korruption: „Der Vize-Präsident von Argentinien ist aufgrund unserer Arbeit gerade in einen großen Skandal verwickelt. Er hat eine Firma gehabt, die über einen Freund etliche Aufträge von der Regierung erhalten hat.“ Ob es Folgen für Boudou haben wird, steht noch nicht fest. Die Regierung hat sich dazu nicht geäußert.

Wahlmanipulationen

Gravierend sind auch die Missstände in Kolumbien. Damit kennt sich die kolumbianische Korruptionsexpertin Ospina Robledo besonders gut aus. Ein immer wieder kehrendes Beispiel: in der Gemeinde X oder der Stadt Y schließen sich Bauunternehmen zusammen und manipulieren eine Wahl zu Gunsten des einen oder anderen Politikers. Im Gegenzug können die Unternehmen nach der Wahl mit lukrativen öffentlichen Aufträgen rechnen.

Drogenkartelle und organisiertes Verbrechen haben sowieso eine lange Tradition in Kolumbien, ihr Einfluss auf die Politik ist groß – und macht die Bekämpfung von Verbrechen und Korruption immer wieder zunichte. Eine Sisyphusarbeit für Behörden als auch für Anti-Korruptions-Organisationen wie Transparency International.