Schrumpfende Wirtschaft, hohe Arbeitslosigkeit

Generalstreik gegen Sparprogramm

Im hoch verschuldeten Portugal hat um Mitternacht ein Generalstreik gegen das Sparprogramm der konservativen Regierung begonnen. Im Verkehr macht sich der heutige Generalstreik bisher am stärksten bemerkbar.

Mittagsjournal, 22.3.2012

Sparkurs dämpft Wirtschaft

Als Gegenleistung für die im April des Jahres 2011 gewährte Finanzspritze in der Höhe von 78 Milliarden Euro aus dem EU-Rettungsschirm will die wenige Monate später gewählte konservative Regierung das Haushaltsdefizit radikal senken. Von 5,9 Prozent im Vorjahr auf 4,5 Prozent in diesem Jahr. Ende 2013 will Portugal die Bedingungen des Stabilitätspakts erfüllen.
Die wirtschaftliche Lage Portugals ist düster: Die Sparbemühungen der Mitte-Rechts-Regierung werden heuer zu einem Schrumpfen der Wirtschaft von 3,3 Prozent führen. Die Arbeitslosenrate hat mit 14 Prozent einen Rekordwert erreicht. Staatsbedienstete und Pensionisten mussten Einbußen beim 13. und 14. Gehalt hinnehmen.

"Würde und Mut der Arbeiter"

Zum zweiten Mal wird nun in Portugal gegen die Wirtschaftspolitik der Regierung gestreikt. Im Gegensatz zum Ausstand im November, als die beide großen Gewerkschaftsverbände gemeinsam auftraten, organisiert die der kommunistischen Partei nahestehende CGTP heute alleine den Generalstreik. Die Regierung folge blind dem Diktat von EU und Internationalem Währungsfonds, meinen die Organisatoren des Streiks. Die Lasten der Sparbemühungen seien einseitig verteilt, sagt der Vorsitzende der kommunistischen Partei, Jeronimo Sousa: "Würde und Mut zeigen die Arbeiter mit diesem Streik. Trotz der Schwierigkeiten und der Drohungen zu streiken, das hat schon große politische und soziale Bedeutung."

"Streikaufruf wird befolgt"

Am Vormittag waren im Nahverkehr die Auswirkungen des Streiks am stärksten zu spüren. Die U-Bahnen in Lissabon und Porto standen fast vollkommen still, bei Schnellbahnen und den innerstädtischen Autobuslinien werden die vereinbarten Mindestfrequenzen aufrecht erhalten.
Der Chef der Gewerkschaft CGTP zählt auf, wie hoch die Streikbeteiligung bei den Verkehrsbetrieben ist. Armenio Carlos spricht von einem Erfolg des Streiks. "Die U-Bahn in Porto streikt zu 90 Prozent, nur eine Linie wird befahren, und alle unsere Daten zeigen, dass es den großen Unternehmen des Landes der Streik befolgt wird."

Viele Portugiesen sind mit eigenen Fahrzeugen zur Arbeit gefahren. Manche können es sich gar nicht leisten, am Streiktag nichts zu verdienen. Eine Frau, die geduldig auf ihren Autobus wartet, sieht keinen Anlass für den Ausstand. "Den Generalstreik bekommen nur die zu spüren, die arbeiten müssen. Wenn schon protestiert wird, wäre es doch besser, stundenweise die Arbeit niederzulegen."

Sicherheitsaufgebot

Die Regierung hat für die am Nachmittag angekündigten Demonstrationen die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Die Gewerkschaften sprechen von Polizeistaat-Methoden, die das Recht auf freie Meinungsäußerung behindern. Das Parlamentsgebäude, vor dem eine Kundgebung gegen die Sparpolitik der Regierung stattfinden soll, ist aus Angst vor Ausschreitungen seit dem Morgen von Polizeieinheiten abgesperrt.

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