Widerstand der Gewerkschaften gegen Sparkurs

Portugal - das zweite Griechenland?

Mit dem zweiten Generalstreik innerhalb von vier Monaten hat am Donnerstag die größte Gewerkschaft Portugals gegen das Sparprogramm der konservativen Regierung protestiert. Die Gewerkschaft widerspricht Gerüchten, Portugal könnte ein zweites Hilfspaket benötigen, um sich weiter finanzieren zu können.

Morgenjournal, 23.3.2012

Verkehr lahmgelegt

Vom Generalstreik lässt sich Portugals Regierungschef Passos Coelho nicht beirren. Seine Regierung werde keine Angaben zur Streikbeteiligung machen, sagte er. Ohne die Unterstützung der sozialistischen Arbeitnehmerorganisation hatte die den Kommunisten nahestehende CGTP am Donnerstag vor allem die Verkehrsverbindungen lahm gelegt. Jene Portugiesen, die arbeiten wollten oder mussten, stiegen auf private Fahrzeuge um.

Regierungskurs bestätigt

Der Ministerpräsident steht zu den Abmachungen seines sozialistischen Amtsvorgängers, der das Kleingedruckte im Vertrag für das Euro-Hilfspaket ausgehandelt hatte. Die amtierende Mitte-Rechts-Regierung peilt für heuer ein Defizit von 4,5 Prozent des BIP an, um im kommenden Jahr die Drei-Prozent-Marke zu erreichen. Nach Kürzungen beim Urlaubs- und Weihnachtsgeld, der Senkung des Bestands an Staatsangestellten um drei Prozent und dem beschleunigten Verkauf von Staatsbetrieben bestätigten die Buchprüfer der EU, dass die Regierung auf Kurs ist.

Wirtschaft schrumpft

Womit allerdings niemand gerechnet hatte, ist die Verlangsamung der Weltwirtschaft: In Portugal kletterte die Arbeitslosenrate auf den Rekordwert von 14 Prozent und die Wirtschaftsleistung verringert sich um drei Prozent. Pedro Lima, Wirtschaftsjournalist der Tageszeitung Expresso: "In der Vereinbarung mit den Geldgebern wird festgehalten, dass Portugal im September 2013 sich aus eigener Kraft langfristig finanzieren soll. Aber viele Unbekannte spielen mit. Nicht nur Portugal befindet sich in einer Rezession, ganz Europa entwickelt sich schlechter als vorhergesagt."

Unterschied zu Griechenland?

Der Abschwung der Wirtschaft und die sinkenden Steuereinnahmen machen das Land verwundbar. Experten bezweifeln, ob Portugal mit den bereits verabschiedeten Maßnahmen das Auslangen finden wird. Die österreichische Wirtschaftsdelegierte in Lissabon, Astrid Pummer, sieht aber einen großen Unterschied zu Griechenland: Es gebe "eine politische Stabilität, die diesen harten Konsolidierungskurs gemeinsam trägt. Und die Bevölkerung nimmt das zähneknirschend zur Kenntnis und macht mit."

Der Standort Portugal müsse für Investoren attraktiver werden, meinen Experten und sprechen von "unvermeidlichen Einschnitten". Weitere Kampfmaßnahmen der Gewerkschaften sind damit schon programmiert.

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