Gams, Murmeltier, Hirsch und Reh gratis
Korruption: Jäger Platter im Visier
Die ÖVP kommt aus der Korruptionsdiskussion nicht heraus: Jetzt gerät auch der Tiroler ÖVP-Chef Landeshauptmann Günther Platter unter Druck. Er soll sich im Herbst 2011 in nur fünf Monaten auf mindestens sieben Jagden einladen haben lassen - von einem Bürgermeister, von Unternehmern und einem Wirt.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 26.3.2012
Gams in Zams
Nach Vorwürfen gegen die Tiroler Abgeordnete Karin Hakl, deren Wahlkampf 2008 von der Telekom und der Firma Alcatel unterstützt worden sein soll - was die Telekommunikationssprecherin der ÖVP bestreitet -, muss sich nun Landeshauptmann Platter gegen Vorwürfe wehren. Bestätigt hat Platter, der erst seit dem Vorjahr den Jagdschein besitzt, konkret nur einen Gratis-Abschuss in Zams. Den Gamsbock habe ihm ein Jugendfreund spendiert, und solche privaten Freizeitaktivitäten müssten ihm als Politiker erlaubt sein, so Platter.
Murmeltier im Paznauntal
Jetzt veröffentlicht der Blogger Markus Wilhelm weitere Jagdeinladungen, die Platter im Herbst 2011 angenommen hat. So hat der ÖVP-Politiker offenbar auf Einladung eines anderen Jugendfreunds ein Murmeltier im Paznauntal erlegt. Aber die Einladungen kamen aus ganz Tirol und darüber hinaus. Unter anderem vom Promi-Wirt Balthasar Hauser in Going, der auf unsere Anfrage am Telefon nur sagte, dass er jetzt einmal gar nichts sage - und sich seitdem nicht mehr gemeldet hat.
Hirsch im Außerfern
Auch der Schweizer Fleischgroßhändler Heiner Birrer, der im Tiroler Außerfern eine Jagd gepachtet hat, ließ dem Landeshauptmann einen Einladung zukommen: Er habe mit dem Gratis-Hirschen einem Jungjäger - sprich Platter - eine Freude machen wollen, das sei eine Gefälligkeit gewesen, so Birrer auf Anfrage von Ö1. Um den Abschuss gebeten worden ist der Schweizer Unternehmer offenbar von der Agrargemeinschaft Häselgehr - das sind Zusammenschlüsse von Bauern, die in Tirol eine recht starke Stellung haben und ihre Interessen gut durchzusetzen wissen.
Rehbock im Oberinntal
Und vom Bürgermeister von Haiming im Oberinntal hat sich Platter den Abschuss eines Rehbocks zahlen lassen. Für den Tiroler ÖVP-Landeschef ist das alles nicht problematisch, da mögen Unternehmer, Agrargemeinschaften oder Ortschefs noch so viele Anliegen an die Landespolitik haben.
Schriftliche Stellungnahmen
Er sei immer anständig und sauber gewesen, so Platter in einer Stellungnahme per Email. Zu einem Interview vor dem Mikrofon war er nicht bereit. Er ließ aber durchblicken, dass er in Zukunft keine Jagdeinladungen mehr annehmen werde. Auch von ÖVP-Bundesparteiobmann Michael Spindelegger, der die neue Sauberkeit in seiner Partei ausgerufen hat, war am Vormittag kein Interview zu erhalten. In einer schriftlichen Stellungnahme der Bundespartei heißt es nur: Platter sei ein engagierter Politiker, der wisse, wie er sein Amt zu führen habe, und keine Ratschläge brauche.