Fallbeispiel Telfs
Gymnasium als Eliteschule
Der Andrang in die AHS-Unterstufe ist ungebrochen, auch dort, wo es bereits Neue Mittelschulen gibt. In der Tiroler Gemeinde Telfs hat das sogar dazu geführt, dass einige Schüler trotz Gymnasium-Reife nicht an der örtlichen AHS aufgenommen werden sollten. Ein Standortvertrag des Bundes mit der Gemeinde soll dort nämlich verhindern, dass die zwei Neuen Mittelschulen zu wenig Schüler haben.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 29.3.2012
Schüler-Obergrenzen im Gymnasium
Zwei Neue Mittelschulen, ein Bundesgymnasium und ein kirchliches Gymnasium im nahen Stams - diese vier Schulen kämpfen in Telfs im Tiroler Oberland um die Volksschulabgänger. Und weil sich das nicht von selber regelt und der Andrang in die Gymnasien weiterhin groß ist, haben Bund und Gemeinde einen Standortvertrag abgeschlossen. Maximal 60 Erstklassler darf das Gymnasium Telfs aufnehmen, maximal 90 jenes in Stams, steht in dem Vertrag.
Und der wurde einem guten Dutzend Schüler jetzt fast zum Verhängnis: Obwohl nur einen oder zwei Zweier im Zeugnis, wurden sie von den AHS abgewiesen, obwohl im Gymnasium Telfs genug Platz ist.
Bürgermeister will Durchmischung
Erst ein Aufschrei der Eltern mit Hilfe der Lokalpresse wirkte: Es gibt eine Ausnahmeregelung - freilich nur für das kommende Schuljahr. Denn Bürgermeister Christian Härting will am Standortvertrag festhalten - sein Ziel: dass es im Bildungsbereich nicht noch mehr zur Zwei-Klassen-Gesellschaft kommt und nur die Einser-Schüler ins Gymnasium gehen.
Grüne: Trennung zu früh
Der Bürgermeister hat aber auch ein sehr handfestes Interesse daran, dass viele Kinder in die Neuen Mittelschulen gehen. Denn er ist Schulerhalter dieser Pflichtschulen, die nach Schülerzahlen dotiert werden. Für den Grünen Bildungssprecher Harald Walser, der den Fall aufgegriffen hat, ist das unhaltbar: es könne nicht ein Bürgermeister entscheiden, welchen Bildungsweg ein Kind beschreitet. Die Trennung schon mit 9,5 Jahren sei viel zu früh.
Doch keine Wahlfreiheit
Eine Trennung, auf der die Bundes-ÖVP als Verteidigerin der Gymnasien besteht, freilich immer mit dem Argument der Wahlfreiheit. Die es zumindest in der ÖVP-Hochburg Tirol nicht gibt. Landesschulratspräsident Hans Lintner fühlt sich an den Vertrag mit der Gemeinde Telfs gebunden.
Denn Telfs, wo ein Zweier im Zeugnis schon den Weg ins Gymnasium versperren kann, ist in Tirol kein Einzelfall, wie Landesschulrats-Präsident Lintner bestätigt.
Ministerin schweigt
Unterrichtsministerin Schmied (SPÖ), die heute im Nationalrat die Neue Mittelschule als Jahrhundert-Reform feiern wird, war für eine Stellungnahme zu all dem nicht zu haben.