Nachfolge noch offen

Parlament nimmt Rücktritt Schmitts an

Das ungarische Parlament hat am Abend den Rücktritt von Präsident Pal Schmitt gebilligt. Schmitt ist nach der Aberkennung seines Doktortitels wegen Plagiaten in seiner Dissertation von seinem Amt zurückgetreten.

Morgenjournal, 3.4.2012

Klare Entscheidung

Die überwältigende Mehrheit, nämlich 338 Abgeordnete, stimmte der Demission zu, fünf sprachen sich dagegen aus, sechs enthielten sich der Stimme. Die Amtsgeschäfte des Staatsoberhauptes gingen kommissarisch auf den Parlamentspräsidenten Laszlo Köver über. Es sei die Aufgabe des Staatsoberhaupts, die Nation zu einen, hatte Schmitt zuvor im Parlament in Budapest gesagt. "Das bedeutet, dass es in der derzeitigen Situation, wo meine persönliche Angelegenheit mein geliebtes Land eher spaltet als vereint, meine Pflicht ist, meinen Dienst zu beenden und von meinem Mandat als Präsident zurückzutreten", erklärte Schmitt.

Will Aberkennung anfechten

Bevor er seinen Rücktritt ankündigte, verteidigte sich Schmitt erneut vor dem Parlament und kündigte an, die Entscheidung der Aberkennung seines Doktortitels anfechten zu wollen. Er habe seine Pflichten gemäß der Grundrechte mit Demut und nach besten Wissen erfüllt, so Schmitt.

Über Nachfolge uneinig

Die Oppositionsparteien begrüßten den Rückzug des Präsidenten. Der Chef der Sozialisten, Attila Mesterhazy, sagte laut MTI, die Stimme des Volkes habe "die Unehrlichkeit überwunden". Ministerpräsident Viktor Orban solle den Fall als Warnung ansehen, dass seine Macht nicht unbegrenzt sei. Der Anführer der rechtsextremen Jobbik-Partei, Gabor Vona, sagte, der Nachfolger Schmitts müsse vom Volk gewählt werden. Die Würde des Amtes sei angeschlagen und auch Orban sei verantwortlich. Von der grünen Oppositionspartei LMP hieß es, es sei ein "trauriger Tag für die ungarische Demokratie" und ein Zeichen für die personelle Besetzung und die Politik der Regierungspartei Fidesz.

Über die Nachfolge Schmitts zeigten sich die Oppositionsparteien jedoch uneinig. Die Sozialisten brachten den Ex-Präsidenten Laszlo Solyom für eine weitere Amtszeit ins Spiel. Von der rechtsextremen Jobbik-Partei hieß es hingegen, weder Solyom noch der ehemalige Parlamentspräsident Laszlo Kover seien geeignete Kandidaten.

Weigerung bis zuletzt

Dem Rücktritt Schmitts war ein tagelanges Tauziehen vorausgegangen. Der 69-jährige rechtskonservative Politiker, der seit 2010 im Amt war, hatte noch am Freitag einen Rücktritt abgelehnt und erklärt, zwischen seiner Doktorarbeit, die er "nach bestem Wissen und Gewissen" angefertigt habe, und seiner 18 Jahre später erfolgten Wahl zum Staatspräsidenten bestehe "kein Zusammenhang". Auch der rechtskonservative Ministerpräsident Viktor Orban hatte sich noch am Montag erneut hinter Schmitt gestellt.