Geänderte Rahmenbedingungen

Neue Iran-Runde in Istanbul

In Istanbul wird wieder über das umstrittene iranische Atomprogramm verhandelt. Der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinedschad hat zuvor seine Unnachgiebigkeit betont. Aber gerade dass er das so sehr unterstreichen muss, könnte darauf hindeuten, dass der Iran im Atomstreit mit den Großmächten eine Kurskorrektur vorbereitet.

Morgenjournal, 14.4.2012

Aus Istanbul berichtet

Widrige Umstände

Auf den ersten Blick scheint nichts dafür zu sprechen, dass die beiden Seiten diesmal ihr Misstrauen überwinden oder sich gar auf eine Deeskalation verständigen. Schon am Ort des Treffens, Istanbul, hat die iranische Regierung in letzter Zeit Anstoß genommen – gilt doch die Türkei zur Zeit als größter Feind des syrischen Präsidenten Assad, den der Iran weiterhin stützt. Dazu kommt, dass der iranische Chefunterhändler als Hardliner gilt und Präsident Ahmadinedschad, in der Atomfrage bisher eher kompromissbereit, deutlich an politischem Gewicht verloren hat.

Großer Druck

Demgegenüber stehen ein amerikanischer Präsident, der in einem Wahljahr Härte zeigen muss, und die Europäer, die schon deshalb auf sichtbaren Zugeständnissen beharren werden, weil sonst ein militärischer Alleingang Israels drohen könnte – mit unabsehbaren Konsequenzen.

Aber genau diese Gründe, die das heutige Treffen so schwierig machen, könnten umgekehrt zu einem Erfolg führen. Der Iran weiß, dass Präsident Obama einen Erfolg braucht. So wie umgekehrt die westliche Welt weiß, was der Iran schon sehr bald können wird: nämlich eine eigene Atombombe bauen.

Innenpolitik und Sanktionen

Die Schwächung des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad und die Stärkung des Oberste Führers Ayatollah Khamenei könnten die Gespräche vereinfachen. Das wird auch dadurch unterstrichen, dass der iranische Chefunterhändler Dschalili diesmal ausdrücklich im Namen des Obersten Führers auftritt.

Und schließlich beginnen die Sanktionen der USA und der EU den Alltag im Iran ernsthaft zu belasten – und könnten das Land in absehbarer Zeit destabilisieren. Besonders ab dem Sommer. Dann wird der Boykott iranischen Öls wirksam, so wie auch die US-amerikanischen Strafsanktionen Transaktionen mit der iranischen Zentralbank.

Einigung ohne Gesichtsverlust?

Es könnte also sein, dass sich die 5+1-Staaten, also die USA, Großbritannien, Frankreich, Russland, China und Deutschland, mit dem Iran zumindest darauf einigen, den Ton im Umgang miteinander zu mäßigen und ihre Zusammenkunft als Erfolg zu werten. Und es könnte sein, dass dem Iran noch etwas Zeit eingeräumt wird, um die Uran-Anreicherung ohne Gesichtsverlust zu beenden. Darauf könnte man sich verständigen, ohne dass es dazu schon ein ausgeklügeltes Protokoll bräuchte.

Misserfolg nicht leistbar

Das Problem dabei ist nur, dass nicht alle Akteure mit am Tisch sitzen. Israel hat sich mit seinen Drohungen gegen den Iran schon zu weit vorgewagt, um sich jetzt mit ein paar freundlichen Worten zufrieden zu geben. Und dann sind da noch gewichtige arabische Länder wie Saudi-Arabien und seine Nachbarn am Golf, die gegen eine iranische Atombombe mindestens so viel einzuwenden haben wie die Israelis. Und die außerdem über den Ölpreis von dem Konflikt mit dem Iran profitieren. Der Druck auf die Teilnehmer des Istanbuler Treffens ist also sehr groß, – zugleich kann sich niemand von ihnen einen wirklichen Misserfolg leisten.