Aber geschlossene Linke für Hollande
Grande Nation "nach rechts gerutscht"
Das Ergebnis der Präsidentenwahl, vor allem für die Rechtsextreme Marine Le Pen, zeigt nach Ansicht des Diplomaten Michel Cullin, dass Frankreich insgesamt nach rechts gerutscht ist. Dem stehe allerdings die geschlossene Unterstützung der Linken für Francois Hollande gegenüber, sagt Cullin im Ö1-Interview.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 23.4.2012
Michel Cullin im Gespräch mit Wolfgang Wittmann
"Man traut ihm nicht mehr"
Es sei durchaus möglich, dass Sarkozy einen Teil der Le-Pen-Wähler anspricht, sagt Michel Cullin, indem er die Rolle Frankreichs betont, das Migrantenthema anspricht und andere Themen wie die Neuverhandlung des Schengen-Vertrags. Allerdings rechnet der Experte mit vielen Stimmenthaltungen, "denn man traut ihm nicht mehr in diesem Lager". Dass Sarkozy so sehr auf rechte Lager setzen muss, erklärt Cullin damit, dass die politische Kultur in Frankreich insgesamt sehr nach rechts gerutscht sei.
Linke geschlossen für Hollande
Cullin hebt hervor, dass die Rechtsextreme Marine Le Pen weitaus besser abgeschnitten hat als in den Umfragen vorhergesagt - gut 18 Prozent statt 14 Prozent wie in den Prognosen. Im Vergleich dazu habe sich aber die Linke zusammengefunden, betont Cullin. Als "erstaunlich" bewertet der Frankreich-Kenner die Aussage von Melenchon, es sei das Wichtigste, Sarkozy zu schlagen. Sogar der Chef der Kommunisten habe das Gleiche gesagt.
Feste Achse mit Merkel
In außenpolitischer Hinsicht erwartet der Frankreich-Experte keine Änderung durch eine mögliche Präsidentschaft des Sozialisten Hollande, trotz der rauen Wahlkampftöne. Er rechnet damit, dass die deutsch-französischen Beziehungen bleiben werden wie sie sind. Das sei ein festes zentrales Element in Europa, das auch von Hollande nicht in Frage gestellt werde. Hollande meine nur, dass das wirtschaftliche Konzept der deutschen Kanzlerin Merkel wie die Schuldenbremse neu diskutiert werden müsse.
Michel Cullin ist "Maître de conférences" der Universität Nizza und Direktor der Abteilung für französisch-österreichische Beziehungen an der Diplomatischen Akademie in Wien.