Ministerium: Überarbeitung noch heuer
Staatsbürgerschaftstests: "Fehlerhaft, sinnlos"
Wer in Österreich eingebürgert werden will, der muss den Staatsbürgerschaftstest bestehen. Die vom Innenministerium erstellten Lernunterlagen mussten schon mehrfach korrigiert werden. Auch die jetzige Fassung strotzt vor Fehlern und wird von Experten kritisiert. Die Grünen sind deshalb für eine Abschaffung des Tests.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 26.4.2012
Nicht mehr im Netz nachzulesen
Die umstrittene Lernunterlage kann von Staatsbürgerschaftswerbern seit knapp einem Jahr nicht mehr heruntergeladen werden. Das Innenministerium hat sie aus dem Netz genommen, weil sie so mangelhaft ist, wie Ministeriumsprecher Karlheinz Grundböck freimütig gesteht. In Papierform werden die Unterlagen aber weiter verteilt - was Fachleute mit Kopfschütteln quittieren.
Gespickt mit falschen Jahreszahlen
Der Historiker Ernst Bruckmüller hat in dem Skriptum sogar falsche Jahreszahlen entdeckt, er hält die Lernunterlagen aber nicht nur deshalb für unbrauchbar: Niemand könne sich etwas vorstellen unter den unzusammenhängenden Daten und Fakten. Historiker seien vom Ministerium wohl nicht befasst worden, meint Bruckmüller. Er spricht von "Hilfsschulniveau".
Pelinka: Oberflächlichkeiten statt Zusammenhänge
Ähnlich hart ist auch die Kritik des Politologen Anton Pelinka am politischen und verfassungs-rechtlichen Teil: Es sei eine Mischung aus formalem, verfassungsrechtlichem Wissen ohne Berücksichtigung der realen Zusammenhänge. Und es sei eine Kombination von "erstaunlichen Oberflächlichkeiten" mit Bildern von Politikern, die man lernen müsse.
Österreichs Realverfassung - die Verquickung von Parlamentsmehrheit und Regierung, die Rolle der Sozialpartner - werde nicht abgebildet, so Pelinka. "So wie das jetzt ist, ist das ein ziemlich sinnloser Lernstoff."
Grüne vermuten Absicht
Für den Grünen Bildungssprecher Harald Walser, der nicht die erste parlamentarische Anfrage zu diesem Thema an die Innenministerin einbringt, steckt dahinter Absicht: Der Obrigkeitsstaat demütige künftige Untertanen, so Walser. Es gehe einzig und allein darum zu zeigen, wer hier das Sagen hat. Ziel müsse sein, zu einem völlig anderen Umgang mit Staatsbürgerschaftswerbern zu kommen, nämlich über Diskussionen und Gespräche "und nicht über das Abprüfen von Wissen, das die meisten Österreicherinnen und Österreicher nicht haben."
Ministerium: Überarbeitung noch heuer
Das Innenministerium reagiert auf die Kritik. Es sei eine Überarbeitung des Tests auf breiter Basis im Gang, ein Ergebnis noch im Lauf des Jahres zu erwarten, so Sprecher Karlheinz Grundböck. Und es soll dem Vernehmen nach in Richtung Dialog über demokratische Werte und weg von peinlichen Wissenstests gehen.