Ö1 und ORF III bieten Vergleich

Zwei Mal "Ring" im ORF

Das Wagner-Jahr 2013 wirft seine Schatten voraus. 200. Geburtstag und 130. Todestag werden an den Opernbühnen dieser Welt besondere Anstrengungen hervorrufen. Der ORF geht schon mal mit gutem Beispiel voran. Ö1 strahlt den kompletten Thielemann-"Ring" aus dem Vorjahr aus. ORF III hat mit der Ausstrahlung des "Jahrhundertrings" aus dem Jahr 1976 schon begonnen.

Thielemann-Festspiele in Ö1

Im Mai 2009 hat die Wiener Staatsoper das Projekt der Neuinszenierung des "Ring des Nibelungen" mit dem späteren Musikgeneraldirektor des Hauses, Franz Welser-Möst, am Pult und in der Inszenierung von Sven-Eric Bechtolf gestemmt. Einhelligem Jubel für Welser-Möst stand eine mehrheitlich kritisch gesehene Regieleistung des später zum Schauspielchef der Salzburger Festspiele bestellten Sven-Eric Bechtolf gegenüber.

Zwei Jahre später, genauer, im November 2011, erklomm Christian Thielemann für vier Abende das Pult der Wiener Staatsoper. Zum Ende der "Götterdämmerung" am 13. November gab es bereits Bravorufe vor dem Erklingen des ersten Tones und nach dem Verklingen des letzten eine Woge der Begeisterung, Standing Ovations und 32 Minuten (sic!) Applaus und unzählige Vorhänge - ein Triumphzug. Das "Ring des Nibelungen"-Gastspiel von Christian Thielemann am Pult der Wiener Staatsoper war ein von der Kritik einhellig bejubeltes Ereignis der Extra-Klasse, bei dem der deutsche Dirigent seine derzeitige Sonderstellung unterstrich.

Nach zwei Extra-Vorhängen für das Staatsopernorchester und unzähligen Vorhängen für Thielemann und sein Ensemble gelang es einigen Unentwegten, den schon abgeebbten Applaus im zu drei Viertel geleerten Haus noch einmal zu entfachen: Der Staatsopern-Inspizient stoppte schließlich 32 Minuten Applaus, bis es auch der letzte Besucher gut sein ließ.

Der "Jahrhundert-Ring" in ORF III

1876 erfolgte die Uraufführung des vollständigen Werks in der Inszenierung Richard Wagners in Bayreuth. Das Bühnenbild stammte dabei von Joseph Hoffmann, die Kostüme von Carl Emil Doepler. Die Bayreuther Inszenierung wurde in der damaligen Presse von Gegnern als "musikalisch dramatische Affenschande", "Alliterationsgestotter" und "Rheingoldaquarium" verrissen. Auch Wagner selbst war unzufrieden und sah in der Aufführung sein angestrebtes Ideal nicht als erreicht an. Finanziell hoch verschuldet verkaufte er Fundus und Aufführungsrechte.

Es musste genau hundert Jahre dauern, um den nordischen Fantasy-Mief aus den Mauern Bayreuths zu verbannen - was immerhin in Handgreiflichkeiten und andauernden Protesten endete. Dabei war Patrice Chereaus "Jahrhundertring" - mit Pierre Boulez am Pult (!) - nicht einmal gegenwartsbezogen, sondern spielte im 19. Jahrhundert, der Zeit der Frühindustrialisierung. Zahlreiche Altwagnerianer formierten sich zu einer Bürgerinitiative, die nachdrücklich "Werkschutz für Wotan" forderte. Und auch das Orchester stemmte sich gegen das Dirigat von Pierre Boulez. 1980, nach den letzten Aufführungen in Bayreuth, war der Zorn begeisterter Zustimmung gewichen: Mit einem überschwänglichen Applaus von neunzig Minuten Länge und 101 Vorhängen wurde die Inszenierung verabschiedet.

ORF III zeigt die nicht minder legendäre Verfilmung dieser Produktion! Kammersänger Heinz Zednik, der in einer Doppelrolle als "Loge" und "Mime" einen sensationellen Triumph feierte, ist zur Götterdämmerung am 13. Mai als Zeitzeuge Gast von Barbara Rett im Studio. Vor den Opern gibt es Dokumentationen rund um das Themenfeld Richard Wagner und Bayreuth.