Kritik von Wirtschaftswissenschaftler Schneider
Stabilitätspakt "zahnloser Kompromiss"
Sehr kritisch sieht den Stabilitätspakt zwischen Bund, Ländern und Gemeinden der Linzer Wirtschaftswissenschaftler Friedrich Schneider. Die Sanktionsmöglichkeiten, um Defizitsünder wirklich bestrafen zu können, seien zu zahnlos, so der Experte, weitere Konflikte zwischen Bund und Länder seien vorprogrammiert.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 3.5.2012
"Typisch österreichischer Kompromiss"
Der Stabilitätspakt ist zu halbherzig, seine Regeln zu schwach, sagt der Linzer Volkswirtschaftsprofessor Friedrich Schneider, der Pakt sei zwar ein wichtiger erster Schritt, Bund, Länder und Gemeinden auf verbindliche Regel festzulegen, aber es sei ein "typisch österreichischer Kompromiss, ein bisschen nach der Devise wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass", sagt Schneider.
Defizitziel in Frage gestellt
Dass der Pakt künftig automatisch beendet werden kann - etwa wenn sich Bund und Länder bei der Verteilung der Steuern oder der Spitalsfinanzierung nicht einig werden, ist für Schneider eine Hintertür, "die den Ländern und den Kommunen jederzeit die Möglichkeit gibt auszusteigen. Das sind die beiden Körperschaften, die fordern, und der Bund muss zahlen. Hier ist ein Konflikt vorprogrammiert, der die Einigung in einem schrägen Licht erscheinen lässt." Damit könne das gesamte Defizitziel in Frage gestellt werden, bemängelt Schneider.
"Relativ zahnlos"
Kritisch sieht Schneider auch, dass Sanktionen bei Verstößen nur einstimmig beschlossen werden können - dafür wird ja ein Sechser-Gremium mit je zwei Vertetern von Bund, Ländern und Gemeinden eingerichtet: "Das ist relativ zahnlos. Damit hat jeder dieser sechs eine absolute Veto-Position. Wenn einer nein sagt, passiert hier gar nichts."
Besser wäre stattdessen eine Zweidrittel-Mehrheit, so Schneider. Für nicht sehr brauchbar hält er auch die Regel, dass Sanktionen nur dann verhängt werden können, wenn die Länder den Pakt in Summe verfehlen.