Amnesty gegen geplanten Boykott der EM

"Timoschenko fast bewegungsunfähig"

Der Gesundheitszustand der inhaftierten ukrainischen Oppositionsführerin Julia Timoschenko verschlechtert sich nach Einschätzung ihrer Tochter Jewgenia von Tag zu Tag. Unterdessen zeigt Amnesty International Unverständnis für den Boykott der Fußball-Europameisterschaftsspiele in der Ukraine.

Morgenjournal, 4.5.2012

Timoschenko will Hungerstreik fortsetzen

Jewgenia Timoschenko gibt an, dass ihre Mutter, die inhaftierte ukrainische Oppositionsführerin Julia Timoschenko, durch ihren Hungerstreik noch schwächer sei als noch vor ein paar Tagen. Im ZDF sagte sie, ihre Mutter könne sich zurzeit "praktisch gar nicht bewegen". Die Bitten der Familie Julia Timoschenkos, ihren Hungerstreik zu beenden, seien bisher erfolglos gewesen.

Sie habe aus verschiedensten Gründen ein Interesse an diesem Hungerstreik, sagte die 32-jährige Jewgenija: Ihre Mutter wolle "weiter für die Demokratie in der Ukraine" kämpfen. Die Familie hoffe auf eine Behandlung der ehemaligen ukrainischen Regierungschefin durch unabhängige deutsche Ärzte.

Weiter heftige Diskussion um Boykott der EM

Die Inhaftierung Julia Timoschenkos hat in Europa zu einer heftigen Debatte über die Fußball-Europameisterschaft in der Ukraine und Polen geführt. Alle Mitglieder der EU-Kommission haben angekündigt, der Veranstaltung fernzubleiben.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hält einen Boykott hingegen für den falschen Weg. Es dürfe nicht nur um Timoschenko gehen. Politiker und Funktionäre sollen vielmehr bewusst in die Ukraine reisen und die Gelegenheit nutzen, um auf die schweren Menschenrechtsverletzungen aufmerksam zu machen, die in der Ukraine abseits von Timoschenko begangen werden. So gebe es beispielsweise Berichte über Folter zur Erpressung von Geständnissen oder Gewaltdrohungen gegen Menschen, die Polizeiübergriffe oder Korruption anprangern, sagte der Generalsekretär von Amnesty Deutschland, Wolfgang Grenz, dem Handelsblatt Online. Er fordert, dass die Politiker im Zuge der Fußball-EM von der ukrainischen Regierung einen besseren Menschenrechtsschutz fordern sollen.

Auch FIFA-Präsident Joseph Blatter hatte die Ankündigung der EU-Kommission scharf kritisiert: "Bevor sie von Boykott sprechen, sollte man sich überlegen, was das nach sich zieht", sagte der Chef des Fußball-Weltverbandes (FIFA). (APA/red)