Streit um Gebietsansprüche im Chinesischen Meer

China und Philippinen: Konflikt eskaliert

Im Streit um Gebietsansprüche im Südchinesischen Meer nehmen die Spannungen zwischen China und den Philippinen weiter zu. In Manila haben heute hunderte Menschen gegen China demonstriert. China wiederum warnt die philippinische Regierung vor ernsten Konsequenzen und hat indirekt auch militärische Gewalt nicht ausgeschlossen.

Mittagsjournal, 11.05.2012

Protest gegen China auf den Philippinen

Es ist die Stunde der Nationalisten auf beiden Seiten. Im Stadtzentrum in Manila beschimpfen Demonstranten China heute als imperialistische Macht, die sich philippinische Inseln unter den Nagel reißen will. Im chinesischen Internet wiederum wettern Blogger gegen die Philippinen. Wenn jeder Chinese einmal ausspuckt, können wir die Philippinen überschwemmen, meint ein User. Die meisten anderen Kommentare sind kaum freundlicher. Die Volksmeinung ist eindeutig: Das südchinesische Meer gehört zu China. Ebenso die Inseln, die oft hunderte Kilometer vom chinesischen Festland entfernt liegen. Vor den Küsten Vietnams, Malaysias oder eben auch der Philippinen. „Wir fordern die Philippinen auf, Chinas Sorgen ernst zu nehmen und endlich auf den rechten Weg zurückzukehren", sagt der Sprecher des Außenministeriums in Peking. Die Verantwortlichen in Manila sollten sich überlegen, welche Beziehungen man mit China in Zukunft haben wolle.

China droht mit Militäreinsatz

Fu Ying, die Vizeaußenministerin, hatte zuvor die bisher schärfste Warnung ausgesprochen. China habe alle Vorbereitungen getroffen, um bei einer Eskalation der Lage einzugreifen, ließ sie wissen. Chinas Medien werten dies als klare Drohung, dass man, falls nötig, auch vor militärischen Mitteln nicht zurückschrecken werde. Das chinesische Staatsfernsehen ließ einen Reporter auf einer der umstrittenen Inseln vor laufender Kamera gar die chinesische Nationalflagge hissen.

Erdgas- und Ölvorkommen vermutet

Im südchinesischen Meer werden große Vorkommen an Öl und Erdgas vermutet. China hat in den vergangenen Jahren versucht, seine Gebietsansprüche immer aggressiver durchzusetzen, sagen die Nachbarn, die Pekings Beteuerungen, man setze - anders als die übrigen Großmächte - auf eine friedliche Außenpolitik, nicht mehr trauen wollen. Den Vorschlag der Philippinen, man möge den Inselstreit vor ein internationales Schiedsgericht bringen, wird von Chinas Führern abgelehnt, die auch die USA wiederholt davor gewarnt haben, sich in der Region einzumischen. Genau darauf bauen aber die Philippinen, mit denen die Amerikaner einen gegenseitigen militärischen Beistandspakt abgeschlossen haben.

Offener Konflikt, um vor Skandalen abzulenken

Der jüngste Disput begann Anfang April. Die philippinische Marine hatte chinesische Fischer vor den umstrittenen Inseln aufgebracht. Ein Zwischenfall, der die folgende Eskalation nicht überzeugend erklären kann. Und so vermuten Diplomaten, dass China die Angelegenheit bewusst hochspielt, um nationalistische Gefühle zuhause anzufachen, und von einer Reihe an Skandalen abzulenken. Nach dem spektakulären Sturz des KP-Granden Bo Xilai wurden Risse in Chinas Führung sichtbar. Auch das Tauziehen mit den USA um den blinden Dissidenten Chen Guangcheng, der noch immer auf die eigentlich versprochene Ausreiseerlaubnis wartet, war für Chinas Führer peinlich. Und so könnte der Inselstreit ein Ablenkungsmanöver sein, wird spekuliert. Doch zeigt dieser Streit auch eines: China wird immer selbstbewusster und schreckt anders als früher auch vor offenen Konflikten immer weniger zurück.