Unterhalt fürs Kind reicht nicht
Expertenvorschlag: Alimente für Kinderbetreuung
Ein unverheirateter Elternteil, der ein kleines Kind betreut und deswegen keine Arbeit ausüben kann, soll vom anderen Elternteil Erwachsenenunterhalt bekommen - denn die Alimente fürs Kind reichten nicht. Diesen "Betreuerunterhalt" schlagen nun zwei Wiener Rechtswissenschaftlerinnen beim diesjährigen Juristentag in Linz vor.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 12.5.2012
Unterhalt für Elternteil
Das alles habe mit Feminismus nichts zu tun, sagen die beiden Wiener Rechtsprofessorinnen Constanze Fischer-Czermak und Barbara Beclin. Denn ihr Vorschlag gilt sowohl für Mütter als auch für Väter mit Kleinkind, egal ob in Lebensgemeinschaft oder getrennt, argumentiert Barabara Beclin. Der wirtschaftliche Hintergrund des Ganzen: Nicht nur das Kleinkind braucht Wohnung und Bekleidung, sondern auch die Mutter oder der Vater, der/die das Kleinkind rund um die Uhr betreut, und daher nicht arbeiten gehen kann.
Die beiden Professorinnen wollen, dass es für diesen Elternteil Unterhalt gibt, solange ihr bzw. ihm eine Berufstätigkeit nicht zugemutet werden kann, und das sei im Zweifel bis zum dritten Geburtstag des Kindes anzunehmen. Eine vergleichbare Bestimmung gebe es im deutschen Recht, "und dort scheint das unproblematisch zu sein", sagt Fischer-Czermak.
Koalition dagegen
Die beiden Professorinnen sagen, sie seien mit dieser und anderen Ideen zum Thema Lebensgemeinschaft und deren Aus- bzw. Nachwirkungen auf Zustimmung gestoßen, und zwar bei der Kollegenschaft am Juristentag, nicht hingegen bei der Politik. Beide Großparteien hätten kein Intersse an einer Änderung, sagt Privatrechtsprofessorin Fischer-Czermak. Und Barbara Beclin verweist auf Irland, das im Vorjahr eine umfassende Regelung für die Auflösung und Vermögensansprüche bei Trennung von Partnern verabschiedet habe. "Daran sieht man, dass wir im internationalen Vergleich zurück liegen", so Beclin.
Scheidungsrecht "zurückschrauben"
Die beiden Professorinnen argumentieren also für zeitlich begrenzten Betreuer-Unterhalt bei kleinen Kindern. Den jahrelangen, manchmal lebenslangen Unterhalt an Ehefrauen/Ehemänner bei Scheidungen sieht Barbara Beclin hingegen skeptisch: Das Eherecht gehöre "zurückgeschraubt" und die Selbstverantwortung wie etwa im deutschen Scheidungsrecht stärker in den Vordergrund gestellt.