Hollande: Vorzeitiger Abzug Frankreichs
NATO: Debatte über Afghanistan-Abzug
Tag eins des großen NATO-Gipfels in Chicago ist absolviert: Die westliche Militärallianz ist bemüht, die Gemeinsamkeiten bezüglich des Krieges in Afghanistan hervorzustreichen und den vom neuen französischen Präsidenten Francois Hollande verkündeten vorzeitigen Abzug der französischen Truppen aus Afghanistan herunterzuspielen.
8. April 2017, 21:58
Morgenjournal, 21.5.2012
Wolfgang Geier berichtet aus Chicago
NATO bleibt bei Terminplan
Der vorzeitige Abzug der französischen Truppen aus Afghanistan werde keine Auswirkungen auf die Pläne der NATO haben - das signalisieren die Staats- und Regierungschefs der 27 anderen Mitgliedsstaaten. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen: "Da gibt es keinen Ansturm Richtung Ausgang. Wir stehen weiterhin zum Einsatz in Afghanistan, den wir erfolgreich abschließen werden. Ziel, Strategie und Zeitplan bleiben unverändert." Derzeit stellt Frankreich etwa 3.500 der insgesamt 130.000 Soldaten umfassenden internationalen Einsatztruppe. Frankreichs Präsident Francois Hollande bekräftigt in Chicago sein Ziel, die französischen Soldaten bis Jahresende abzuziehen, während sich Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel demonstrativ hinter den NATO-Plan stellt, der einen Abzug der Kampftruppen erst Ende 2014 vorsieht. Danach will sich die NATO weitestgehend auf die Ausbildung und Ausrüstung der afghanischen Sicherheitskräfte beschränken.
Was kommt nach 2014?
Am Gipfel in Chicago werde deshalb nicht nur über den Abzug der Truppen diskutiert, so Gastgeber Barack Obama: "Ebenso geht es um die Perspektive nach 2014, wenn wir unseren Kampfeinsatz beendet haben – und der Krieg in Afghanistan zu Ende ist, aber unsere Partnerschaft weiter andauert." Bisher geben allein die USA fünf bis sechs Milliarden Dollar pro Monat für den Krieg in Afghanistan aus, nach 2014 sollen vergleichsweise bescheidene vier Milliarden pro Jahr ausreichen, um die afghanische Armee und die Polizei des Landes auszurüsten.
Auch der afghanische Präsident Hamid Karzai weiß, dass seine Bündnispartner nicht mehr willens sind , den sich seit mehr als zehn Jahren hinziehenden Krieg weiter zu finanzieren. Auch er befürworte den Abzug der westlichen Truppen, sagt Karzai: "Damit Afghanistan aufhört, eine Last auf den Schultern Amerikas und anderer Bündnispartner zu sein. Afghanistan erwartet das Ende dieses Krieges."
Seit längerem gibt es inoffizielle Verhandlungen zwischen der Regierung in Kabul und den radikal islamischen Taliban, bisher ist es dabei allerdings zu keinen Annäherungen gekommen. Weite Teile der Bevölkerung in Afghanistan stehen beiden Seiten skeptisch gegenüber, dem brutal-rückständigen Islamverständnis der Taliban genauso wie der überbordenden Korruption der Regierung in Kabul.
Neben Afghanistan beschäftigt sich die NATO auch mit der Errichtung des geplanten Raketenschildes – dessen erste Ausbaustufe als abgeschlossen gilt.
Eklat um Darabos
Für lokal begrenzten Wirbel während des Gipfels sorgte eine Aussage des österreichischen Verteidigungsministers Norbert Darabos (SPÖ). Er bezeichnete den ultra-konservativen israelischen Außenminister Avigdor Liebermann im Interview mit der Tageszeitung "Die Presse" als "unerträglich". Das österreichische Außenministerium distanzierte sich prompt – offizielle Reaktionen aus Israel oder anderen Staaten liegen dazu bisher nicht vor.