Botschafter sieht Belastung für Beziehungen
"Dalai Lama bedroht Souveränität"
Wo immer der Dalai Lama im Ausland auftritt und Politiker trifft, ist China mit einem geharnischten Protest zur Stelle, auch jetzt in Österreich. Der chinesische Botschafter Shi Mingde kritisiert den Besuch des Dalai Lama in Österreich. Dieser schade der Integrität Chinas durch separatistische Aufrufe, sagt der Botschafter im Ö1 Interview.
8. April 2017, 21:58
Mittagsjournal, 21.5.2012
Der chinesische Botschafter Shi Mingde im Interview mit Hartmut Fiedler
Protest Pekings
Der Dalai Lama, das spirituelle Oberhaupt der Tibeter, wird Ende der Woche kurz mit Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) zusammentreffen. Und auch wenn die österreichischen Politiker den informellen Rahmen der Treffen hervorkehren und darauf hinweisen, dass es ausschließlich um eine Begegnung mit dem Religionsführer geht, hat die chinesische Regierung Protest eingelegt.
"Das können wir nicht akzeptieren"
"Tibet ist ein Teil Chinas", erläutert der chinesische Botschafter in Österreich, Shi Mingde. Die Tibet-Frage betreffe die Souveränität und territoriale Integrität Chinas. Der Dalai Lama erhebe den Anspruch, Groß-Tibet zu kontrollieren, das umfasse ein Viertel des chinesischen Territoriums. "Das können wir gar nicht akzeptieren." Im Ausland betreibe der Dalai Lama "Abspaltungsaktivitäten" und rufe die Leute auf, für Unabhängigkeit einzutreten. Die Heftigkeit des chinesischen Protests erklärt der Botschafter damit, dass die Tibet-Frage ein Kerninteresse Chinas betrifft. "Und natürlich wollen wir gerne sehen, dass die Politiker jener Länder, die diplomatische Beziehungen mit uns haben, auch die guten Beziehungen zu schätzen wissen." Auf die Frage, ob China Konsequenzen ziehen wird, warnt der Botschafter: Die Treffen österreichischer Politiker mit dem Dalai Lama seien "natürlich" nicht nützlich für die guten Beziehungen.
"Lügen der Dalai-Lama-Gruppe"
Der Botschafter greift den Dalai Lama auch direkt an: "Viele wissen nicht, was für eine Person der Dalai Lama ist." Bis 1959 habe in Tibet ein System einer "Sklavenhaltergesellschaft" geherrscht. "Und der Dalai Lama ist der Chef dieses Systems." Den Vorwurf der Unterdrückung der Tibeter durch Peking weist der Botschafter zurück. Der Lebensstandard habe sich in Tibet seit 1959 drastisch verbessert. Die Lebenserwartung sei von 35 auf 67 Jahre gestiegen. Die Darstellung von Menschenrechtsorganisationen, dass die Wirtschaftsentwicklung Tibets zu Lasten der tibetischen Bevölkerung gehe und ihnen demokratische Rechte vorenthalten würden, weist Shi Mingde als "Lügen der Dalai-Lama-Gruppe" zurück. Man müsse unterscheiden zwischen den Tibetern, die im Exil leben, und jenen, die in China leben. Fälle, dass sich tibetische Mönche aus Protest gegen die Regierung in Peking selbst verbrennen, seien "angezettelt". Die Porträts dieser Mönche seien vorher im Internet, und Bilder von den Verbrennungen würden sofort ins Internet gestellt. "Und der Dalai Lama würdigt diese Fälle als mutige Daten und gibt Andachtsmessen."